Hartmann von der Aue

[232] Hartmann von der Aue, »der ächteste Meister adeliger Hofdichtung, der erste, der nicht mehr bloß wie Heinrich von Veldecke erzählte, sondern auch beim Erzählen dachte«, war ein um 1170 geb. schwäb. Ritter, Dienstmann zu Aue (Reichenau?), zog nach Palästina und verschwand um 1216. Außer herrlichen Liedern im Geiste Walthers v. d. Vogelweide hinterließ er 4 erzählende Gedichte, nämlich 2 aus dem Sagenkreise von Artus u. der Tafelrunde: 1) Erek u. Enite, gedichtet um 1190, herausgeg. von Haupt 1839; 2) Iwein, den Ritter mit dem Löwen, das vor 1204 entstandene Hauptwerk höfischer Dichtung, übersetzt u. erläutert vom Grafen Wolf von Baudissin, Berlin 1845; ferner 3) den armen Heinrich, eine legendartige schwäb. Erzählung von der Heilung eines Aussätzigen durch die Treue und Aufopferung einer frommen Jungfrau, ein Gedicht, das bei allen Vorzügen wegen seiner tiefchristl. Idee u. Haltung von Göthe u. Hegel als barbarisch befunden wurde. Herausgeg. von Haupt 1842, übersetzt v. Simrock 1830. Endlich 4) die aquitanische Legende vom »Gregor auf dem Steine«, »einem deutschen Oedipus u. christl. Job«, herausgeg. von Lachmann 1838 und von C. Greith im Spicilegium Vaticanum.

Quelle:
Herders Conversations-Lexikon. Freiburg im Breisgau 1855, Band 3, S. 232.
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