[320] Steindruck, Lithographie, die Kunst, in einer Weise auf Stein zu zeichnen od. zu schreiben, daß sich davon Abdrücke machen lassen. Aloys Senefelder (s. d.) erfand den S. und gab als erste Probe desselben einige Musikblätter mit Text. Die Erfindung wurde anfangs kühl aufgenommen, wie z.B. von der kurfürstl. bayer. Akademie der Wissenschaften in München, welche den Erfinder mit einem Geschenk von 12 fl. belohnte. Im J. 1800 gelang es endlich, in Bayern ein Patent für die S. zu erwirken. Das Princip, welches Senefelder der S. zu Grunde legte, ist noch heute dasselbe, und fußt darauf, daß Fett sich mit Fett verbindet, während Fett und Wasser sich getrennt halten. Bei der praktischen Anwendung dieser Naturgesetze in der S.erei kommt zuerst der lithographische Stein in Berücksichtigung, eine besondere Art Kalkstein, am besten geliefert aus den Brüchen von Solenhofen bei München und in der Grafschaft Pappenheim an der Donau. Künstliche Steine dieser Art, aus einer Mischung von Kalk, sehr seinem Sand und Caseïn, stehen den ächten Steinen in jeder Beziehung nach. Die brauchbaren Steine müssen von reinem Korn d.h. durchaus gleichmäßiger Beschaffenheit, ohne Risse oder Flecken und dabei in gewissem Grade hart sein. Die Zeichnung wird auf zweierlei Weise auf den Stein übertragen, entweder in erhabener oder vertiefter Manier, und darnach verfährt man auf folgende Weise: Bei der erhabenen Manier, welche entweder Kreide- od. Federzeichnung ist, bestreut man den für Kreidezeichnung bestimmten Stein mit sehr seinem Quarz oder Kieselsand, besprengt ihn mit Wasser und reibt in kurzen, runden Zügen mit einem andern Stein so lange auf der Oberfläche herum, bis dieselbe ein sogen. Korn erhalten hat; für Federzeichnung dagegen muß der Stein sorgfältig mit Bimsstein sein polirt und vor dem Schreiben mit Terpentinöl getränkt werden. Nachdem der Stein auf diese Weise »präparirt« worden, macht man die Vorzeichnung, indem man ein mit Röthel überriebenes Reispapier auf den Stein legt und die Umrisse der Zeichnung mit einem Stahlstift auf die Rückseite zeichnet, wodurch rothe Linien auf dem Steine zurückbleiben, oder sogleich mit Blei- oder Rothstift auf den Stein selbst skizzirt. In jedem Falle muß Zeichnung od. Schrift von der Rechten zur Linken laufen, weil durch den Abdruck das Verhältniß umgekehrt wird. In gewissen Fällen, z.B. bei großer Eile, bei Facsimiles etc. bedient man sich autographischen Papiers, auf welches die Zeichnung oder Schrift in gewöhnlicher Weise vermittelst chemischer Dinte gemacht und von dem sie durch ein besonderes Verfahren auf den Stein übertragen wird. Die eigentliche Zeichnung geschieht mit lithographischer Kreide, einer Mischung aus weißer Talgseife, weißem Wachs und Lampenruß, oder Dinte, aus denselben Bestandtheilen mit einem Zusatz von Schellack, Mastix u. kohlensaurem Natron. Die Dinte wird mit Wasser angerieben, mit Stahlfedern oder seinen Pinseln aufgetragen und trocknet sehr leicht. Man übergießt sodann den Stein mit einer schwachen Auflösung von Salpetersäure, was man das Aetzen nennt, überzieht ihn mit aufgelöstem arabischen Gummi u. spült ihn mehrmal mit Wasser ab. Nach diesen verschiedenen Vorbereitungen bringt man den Stein unter die S. presse. Vermittelst einer ledernen Walze trägt man die Schwärze auf, welche fettige Substanzen enthält u. sich daher nur auf die ebenfalls fette [320] Zeichnung setzt, während die übrigen Theile des Steins mit Wasser stets feucht erhalten werden u. daher die Schwärze nicht annehmen. Das angefeuchtete Papier wird aufgelegt u. der Abdruck durch die Presse bewirkt. Außerdem wendet man noch einige andere Methoden an, indem man z.B. mit Gummi zeichnet u. dann den Stein fettet, wodurch man schwarze Abdrücke mit weißer Zeichnung erhält, oder indem durch stufenweises Auftragen von Gummi und Fett helle und dunkle Töne hergestellt werden u.s.w. Bei der vertieften oder Gravirmanier gießt man verdünntes Scheidewasser auf den glatt polirten Stein und nachdem dieses weggespült worden, aufgelöstes arabisches Gummi, welches ebenfalls wieder weggenommen wird. Der Stein wird sodann mit einer Decke aus arabischem Gummi, Wasser und Lampenruß überzogen und die Zeichnung darauf ausgeführt, welche hernach mit der Gravirnadel vollends eingeritzt wird. Vor dem Druck wird eine sehr fette Schwärze in alle Linien eingerieben u. die Grundirung weggenommen, so daß die Zeichnung schwarz und der Stein weißgelb erscheint. Diese Manier eignet sich vorzüglich zu geographischen und architektonischen Zeichnungen. Bei dem Farben-S., Chromolithographie, einer neuern Erfindung, werden statt der Schwärze die beabsichtigten Farben aufgetragen, wobei zu bemerken, daß zu jeder Farbe eine besondere Zeichnung auf einem andern Stein nöthig ist, welche alle genau für die Gesammtdarstellung zusammen passen. Die Farbendruckerei der letztern Zeit, wovon namentlich die Pariser Industrieausstellung von 1855 Proben aufwies, liefert höchst überraschende Resultate. Die Photolithographie, die neueste, noch wenig ausgebildete Erfindung, verbindet den S. mit der Photographie, indem sie zum Abdruck geschickte Lichtbilder auf Stein hervorbringt. Auf diesen wird nämlich eine Auflösung von Judenpech in ätherischem Lavendelöl gleichmäßig ausgebreitet und alsdann das auf Glas befindliche Bild darauf gepreßt und den Sonnenstrahlen ausgesetzt. Das weitere Verfahren entspricht dem gewöhnlichen. In der Lithographie überhaupt bedient man sich zum Druck der S. presse, welche entweder Walzen- oder Stangenpresse mit sog. Reiber ist u. den Druck durch eine eigenthümliche reibende Bewegung bewirkt. In neuerer Zeit sind S. schnellpressen aufgekommen, welche alle Verrichtungen beim Druck z.B. Auftragen, Feuchthalten des Steins etc. ausführen u. durch einen einzigen Mann in Bewegung gesetzt werden, während 2 Knaben zum Auflegen u. Abnehmen der Bogen genügen. Eine solche Maschine, von G. Sigl in Wien zuerst erbaut, druckt in der Stunde 700800 Bogen, also das 910fache einer gewöhnlichen S.-Presse.