Pinus sive Peuce

[879] Pinus sive Peuce.

Pinus, frantzösisch, Pin, teutsch, Fichte, ist ein Baum, von dem es viererley Gattungen giebet: die eine ist zahm, die übrigen sind wilde.

Die zahme wird genannt

Pinus, Dod.

Pinus sativa, C.B. Raji Hist. Pit. Tournef.

Pinus officulis duris, foliis longis, J. B.

Pinus sativa, sive domestica, Ger.

Pinus urbana, sive domestica, Park.

teutsch, Pinienbaum, auch zahmer Fichtenbaum.

Dessen Stamm ist groß und hoch, gerade und dicke, unten blos, oben ästig, und mit einer rauhen, röthlichten Schale oder Rinde überzogen. Sein Holtz ist vest und starck, gelblicht und riechet gut. Seine Aeste stehen als wie Räder dran. Die Blätter wachsen paarweise, sind lang und dünne, als wie dicke Zasern, hart, beständig grün, spitzig und stechend, unten wie mit mit einer schupigen Scheide umgeben. Die Kätzlein bestehen aus vielen häutigen Spitzen oder Beuteln, die, wann sie sich eröffnen, zwey Fächlein sehen lassen, welche mit zarten Staube angefüllet sind. Diese Kätzlein hinterlassen keine Frucht. Die Früchte wachsen auf eben denenselben Stämmen, welche die Kätzlein tragen, und sind zu Anfang gar sehr klein, werden aber hernach zu grossen schupigen Aepfeln, die fast gantz rund sind, oder als wie eine Pyramide formiret, und sehen röthlicht. Die Schupen, daraus sie bestehen, sind hart und holtzig, gemeiniglich an der Spitze härter als wie unten, und haben nach der Länge zwey Gruben, in deren ieder eine beinharte, länglichte Hülse, welche mit einem zart und leichten, röthlichten Häutlein umhüllet oder eingefasset ist. Lateinisch werden sie Strobuli, seu Pinei, seu Nuces pineæ, seu Coccali genannt, frantzösisch, Pignons oder Pignolas, teutsch, Pinienäpfel, Pinienzapfen. Eine iede beschleust einen länglichten, halbrunden, weissen Kern, der süß und lieblich schmeckt. Dieser Baum wird in den Gärten gehalten, absonderlich in warmen Ländern.

Die zweyte Gattung heist

Pinus sylvestris, C.B. Raji Hist.

Pinus sylvestris Mugo, Ger. Ico.

Pinus sylvestris Genevensis, J.B. Pit. Tournefort.

Pinaster, Brunf.

teutsch, gemeiner wilder Fichtenbaum.

Dieser wilde Baum wird insgemeine nicht so hoch als wie der Zahme, iedoch erlanget er zuweilen eben eine solche Höhe und Särcke. Sein Stamm ist meistentheils gerade, bisweilen aber drehet oder wirfft er sich. Sein Laub ist lang und dünn: seine Früchte sind viel kleiner als die an dem Pinienbaume, hartzig und fallen balde ab, wann sie sind reiff geworden. Dieser Baum wächset an bergicht- und steinigen Orten.

Die dritte heisset

Pinus sylvestris Mugo, Matth.

[879] Pinus sylvestris Mugo, sive Crein, J.B. Pit. Tournefort.

Pinaster Austriacus, Ger. emac.

Pinus tibulus seu tubulus, Plinii.

Pinaster conis erectis, C.B. Raji Hist.

Pinæster pumilio montanus, Park.

teutsch, Bergfichtenbaum.

Dieser wächst über Mannes Höhe nicht. Er theilt sich von der Wurtzel an in einen Hauffen Zweige, die zwar wol dicke sind, doch lassen sie sich gerne beugen, breiten sich weit aus, und sind mit einer dicken, rauhen Schale überzogen. Seine Blätter sehen und stehen als wie die am Pinienbaume, sind aber viel kürtzer, dicker und fleischiger, am Ende nicht so spitzig und grüner. Seine Früchte sind nicht so groß, wie die am Lerchenbaume oder an Cypressen; alleine, sie sind schupig, haben eine Birnenform, gleichwie die andern Zapfen alle, und richten die Spitze in die Höhe. Die Wurtzel ist dick und holtzig. Er wächst an bergichten und steinigen Orten, z.E. auf den Alpen, zwischen den Klippen.

Die vierte Sorte heist

Pinus sylvestris maritima, conis firmiter ramis adhærentibus, J.B. Raji Hist. Pit. Tournefort.

Pinus sylvestris altera maritima, Lob.

teutsch, Meerzirbelbaum.

Der ist ein kleiner Baum, dessen Holtz weiß, starck riechend und hartzig. Seine Blätter sehen wie die an den andern Fichtenarten. Die Früchte sitzen bey Paaren gegen einander über, gar veste an dem Zweige auf holtzigen Stielen. Er wächset um die See herum an gebürgigen Orten.

Alle Fichten, welche in warmen Landen wachsen, geben viel Hartz, wann ihre Rinde gerissen wird: sie führen viel Oel und Sal essentiale.

Die Rinde und die Blätter halten an und trocknen.

Aus Catalonien, aus Languedoc und aus Provence übersenden sie uns die Pinien.

Wann sie dieselben aus den Pinienzapfen bringen wollen, so machen sie dieselbigen in dem Ofen heiß, davon thun sie sich auf, und werden die Hülsen heraus genommen, die schlagen sie auf und nehmen die Kerne draus.

Man soll diejenigen erwehlen, die fein frisch sind, ziemlich dick und sauber, weiß und zart, lieblich und süsse von Geschmack. Sie führen viel Oel, wenig Saltz.

Die Pinien geben gute Kraft und dienen für die Brust: sie mildern die Schärffe der Feuchtigkeiten in dem Leibe, treiben den Harn und machen guten Samen: sie reinigen die Geschwüre in den Nieren, sie zertheilen, machen zeitig und erweichen. Sie werden innerlich und äusserlich gebraucht.

Aus den Pinien kan, als wie aus den Mandeln, Oel gepresset werden, wann sie zuvorher in einem marmorsteinern Mörser wol zerstossen worden. Dieses Oel ist gut für die Brust und lindert schier so gut, als wie das Mandelöl.

Der Rest oder die Kleyen von den Pinien dienet die Hände reine zu machen.

Die Confiturirer oder Zuckerbäcker überziehen die Pinien mit Zucker, und lassen sie vorhero[880] eine Zeitlang in warmen Kleyen liegen, damit sie reine werden.

Peuce, kommt von πέυχη, pinus, eine Fichte.

Quelle:
Lemery, Nicholas: Vollständiges Materialien-Lexicon. Leipzig, 1721., Sp. 879-881.
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