Die Prise

Die Prise

[555] Der Herr Direktor sitzt beim Wein

Und schaut gar sehr verdrießlich drein.
[555]

Die Prise

Die Prise

Das Auge schweift ins Grenzenlose;

Die Hand greift nach der Tabaksdose.


Das wohlgeübte Fingerpaar

Erfaßt so viel, als möglich war.


Die Prise

Die Prise

Und sparsam, selbst im Überfluß,

Vertieft er sich in den Genuß.


Zwar fühlt er sich zunächst geniert,

Weil er nur halbe Wirkung spürt.


Die Prise

Die Prise

[556] Doch soll ein mildes Nasenreiben

Die Sache fördern und betreiben.


Auch wird das Sacktuch, blaugeblümt,

Als Nasenfeile sehr gerühmt.


Die Prise

Die Prise

Und hilft auch alles dieses nicht,

So hilft ein Blick ins Sonnenlicht.


Die Spannung steigt, der Drang wird groß –

Nur still! gebt acht! – gleich drückt er los![557]

Die Prise

Haptschih! – Wer schnupft und dieses hört,

Der findet es beneidenswert.


Die Prise

Denn was die Seele dumpf umhüllt,

Wird plötzlich heiter, klar und mild.


Die Prise

Ja! – Sehr erheitert uns die Prise,

Vorausgesetzt, daß man auch niese!
[558]


Quelle:
Wilhelm Busch: Werke. Historisch-kritische Gesamtausgabe, Bde. I-IV, Band 1, Hamburg 1959, S. 555-559.
Lizenz:

Buchempfehlung

Stifter, Adalbert

Der Waldbrunnen / Der Kuß von Sentze

Der Waldbrunnen / Der Kuß von Sentze

Der Waldbrunnen »Ich habe zu zwei verschiedenen Malen ein Menschenbild gesehen, von dem ich jedes Mal glaubte, es sei das schönste, was es auf Erden gibt«, beginnt der Erzähler. Das erste Male war es seine Frau, beim zweiten Mal ein hübsches 17-jähriges Romamädchen auf einer Reise. Dann kommt aber alles ganz anders. Der Kuß von Sentze Rupert empfindet die ihm von seinem Vater als Frau vorgeschlagene Hiltiburg als kalt und hochmütig und verweigert die Eheschließung. Am Vorabend seines darauffolgenden Abschieds in den Krieg küsst ihn in der Dunkelheit eine Unbekannte, die er nicht vergessen kann. Wer ist die Schöne? Wird er sie wiedersehen?

58 Seiten, 4.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Romantische Geschichten II. Zehn Erzählungen

Romantische Geschichten II. Zehn Erzählungen

Romantik! Das ist auch – aber eben nicht nur – eine Epoche. Wenn wir heute etwas romantisch finden oder nennen, schwingt darin die Sehnsucht und die Leidenschaft der jungen Autoren, die seit dem Ausklang des 18. Jahrhundert ihre Gefühlswelt gegen die von der Aufklärung geforderte Vernunft verteidigt haben. So sind vor 200 Jahren wundervolle Erzählungen entstanden. Sie handeln von der Suche nach einer verlorengegangenen Welt des Wunderbaren, sind melancholisch oder mythisch oder märchenhaft, jedenfalls aber romantisch - damals wie heute. Michael Holzinger hat für den zweiten Band eine weitere Sammlung von zehn romantischen Meistererzählungen zusammengestellt.

428 Seiten, 16.80 Euro

Ansehen bei Amazon