[331] Ein Chorgesang
Nun schließt euch zusammen
Zum einigen Kreis:
Das Wort soll entflammen,
Die Tat sei der Preis!
War doch der Geist so fremd gebunden,
Die Übung ward zur welken Pflicht –
Wir müssen an dem Quell gesunden,
Der aus dem Grund des Lebens bricht.
Aus morschen Gemäuern
Weht modrig Gebot,
Kommt, laßt uns erneuern
Zum Leben den Tod!
Wir opferten die Kraft dem Brauche,
Der ohne zeugenden Segen war,
Und sehnten uns mit jedem Hauche
Nach dem, was zukunftsoffenbar.
[332]
Der Geist sprach in Zungen
Voll Sehergewalt,
Jetzt drängt in den Jungen
Er kühn zur Gestalt.
Wie wandelte mit Sturmesdröhnen
Die Welt ihr Schreckbild weit und breit!
Zu Männern, Frauen, Töchtern, Söhnen
Erscholl der Schicksalsruf der Zeit.
Verloren die Lehre,
Verleugnet vom Sein!
Wer Ohren hat, höre,
Die Herzen, sie schrein:
Sie schreien nach dem neuen Buche,
Das anders bindet, anders löst,
Die Welt befreit vom Wahnsinnsfluche,
Die Geister sucht und nicht verstößt.
Von unten nach oben
Erschlossen den Schacht!
Den Volksschatz gehoben
Ursprünglicher Macht!
Frei sei dem muttermächtigen Triebe
Zum Bund des Friedens Weg und Bahn,
Die Sonne glühender Menschenliebe
Erfülle siegreich Land und Plan!
[333]
So schließt euch zusammen
Zum einigen Kreis,
Das Wort soll entflammen,
Die Tat sei der Preis!
Wir wollen nicht das Licht verscherzen,
Das unsrer Führer Pfad erhellt,
Und säen in der Jugend Herzen
Den Samen einer höhern Welt.
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