|
[24] Ob grün, roth, pfirschblüthfarben her sie schreite,
Sie muß vor Allen ragen;
Nicht ist, der goldnes Haar, kunstreich verschlungen,
Wie ihr sich reihe, Die mein Herz befangen,
Die dergestalt mich von der Freyheit Höhen
Hinweg will heben, Daß mir nimmer eigen
Ein Joch, so leichter fiele.
Und wie der Geist sich rüste und bereite,
Von Rath entblößt zu klagen,
Wenn Schmerzen ihn mit Zweifeln bang durchdrungen;
Des Auges Weihe Zähmet sein Verlangen,[24]
Daß jedes Wahnsinns Entwurf muß verwehen,
Und Zornes Weben Alsobald sich neigen
Vor sußer Augen Spiele.
Wie viel durch Amor ich ertrug bis heute,
Wie viel ich noch zu tragen,
Bis sie das Herz mir heilt, die es bezwungen,
Die stolze Feie, So es hält gefangen; –
Kömmt Rache doch, schließt dem demüth'gen Flehen
Nicht Widerstreben Oder stolz Bezeigen
Den Pfad kurz vor dem Ziele.
Doch Tag' und Stunde, wo mein Aug' erfreute
Des ihren lieblich Tagen,
Das mich von da, wo Amor wohnt, verdrungen,
Erschuf das neue, Wehevolle Bangen;
Und sie, nach welcher liebend Alle spähen,
Nur die nicht beben, So dem Steine gleichen
In starrem Herzgefühle.
Die Thräne, – wie sie auch dem Aug' entgleite,
Ob Wunden, die geschlagen
In's Herz des ersten Blickes Huldigungen,
Treibt nicht der Reue Gluth mir in die Wangen.
Und der Gerechte wird mir zugestehen:
Ihr seufzt mein Leben, Billig muß sich's zeigen,
Daß sie die Wunde kühle.
Ich liege ewig mit mir selbst im Streite:
Mit theurem Schwert erschlagen
Fiel eine schon, von gleichem Schmerz bezwungen.
Auch will ich Freye Nicht von ihr empfangen;
Denn gräder mag kein Weg zum Himmel gehen,[25]
Und Niemand streben Nach der Sel'gen Reichen
Auf dauerhafterm Kiele.
Heil Stern', euch, die als die beglückte Seite
Die schöne Frucht getragen,
Sie als Genossen liebevoll umrungen,
Die unserm Maye Himmlisch aufgegangen,
Ein Stern; wo grün wie Lorbeer stets zu sehen
Der Tugend Leben, Wo nicht Blitze steigen,
Noch bösen Windes Schwüle.
Wohl weiß ich, daß, wie einer sich bereite
Ihr Lob im Lied zu sagen,
Es doch der besten Hand nie wär' gelungen.
Wer mag in Treue Merken, all' umfangen
Die Güt' und Schönheit, wer sie je gesehen
In Augen weben, Aller Tugend Zeichen,
Schlüssel meiner Gefühle?
Das Leben Hat kein Pfand Amor'n zu reichen,
So mehr, als Ihr, o Donna, ihm gefiele!
Ausgewählte Ausgaben von
Canzoniere
|
Buchempfehlung
»Es giebet viel Leute/ welche die deutsche poesie so hoch erheben/ als ob sie nach allen stücken vollkommen wäre; Hingegen hat es auch andere/ welche sie gantz erniedrigen/ und nichts geschmacktes daran finden/ als die reimen. Beyde sind von ihren vorurtheilen sehr eingenommen. Denn wie sich die ersten um nichts bekümmern/ als was auff ihrem eignen miste gewachsen: Also verachten die andern alles/ was nicht seinen ursprung aus Franckreich hat. Summa: es gehet ihnen/ wie den kleidernarren/ deren etliche alles alte/die andern alles neue für zierlich halten; ungeachtet sie selbst nicht wissen/ was in einem oder dem andern gutes stecket.« B.N.
162 Seiten, 8.80 Euro
Buchempfehlung
1799 schreibt Novalis seinen Heinrich von Ofterdingen und schafft mit der blauen Blume, nach der der Jüngling sich sehnt, das Symbol einer der wirkungsmächtigsten Epochen unseres Kulturkreises. Ricarda Huch wird dazu viel später bemerken: »Die blaue Blume ist aber das, was jeder sucht, ohne es selbst zu wissen, nenne man es nun Gott, Ewigkeit oder Liebe.« Diese und fünf weitere große Erzählungen der Frühromantik hat Michael Holzinger für diese Leseausgabe ausgewählt.
396 Seiten, 19.80 Euro