|
[188] In dem abentton Nachtigals.
1. novemb. 1545.
1.
Wiltu erkennen regen,
wan der zukünftig sei:
die morgenröt alwegen
zeigt regenwetter frei;
auch wan der wint tut wehen
her von dem nidergang;
Auch wan die sun am morgen
gibt langer streimen glanz,[188]
oder bleibet verborgen
durch schwarze wolken ganz;
auch tut sich regen nehen,
so bleich ist ir aufgang;
Auch wan des mones scheine,
die steren groß und kleine
schwarz, dunkel sind und bleich;
wan nebel berg bedecken
und weht ein weicher luft,
wan wald, stauden und hecken
schwarz scheinen, sam beduft,
so kumt regen gemeine,
der das lant übereich.
2.
Wan die sun hart tut stechen
und sich enten und gens
sint baden in den bechen
und die frösch mit gedens
frü schreien gegen tage,
zeigt regen künftig sein;
Wan sich vom gweb die spinen
verkriechen allenthalb,
im korb bleiben die binen,
wan nider fleugt die schwalb
auf dem waßer und schlage
ire flügel darein;
Wan sich die seu tun jücken,
der esel weltz am rücken
und die hunt freßen gras
und es do, wider speien,
wan auch weiber und meit
über die flöch tun schreien,
und tunt in vil zu leit,
auch hart stechen die mücken,
so deut es almal naß.
[189]
3.
Wan die roß auf den wiesen
roßwebsen beißen ser,
und wan die kü auch bisen,
künen nicht bleiben mer
vor bremen und bismücken,
so ist regen nicht weit.
Auch wan die bachen rinnen,
das salz wirt len und weich,
die meit schleft ob dem spinnen,
das licht brint dunkel bleich;
auch wan die zehen jücken,
so ist es regens zeit.
Wan feucht ist das gemeuer
und dunkel brint das feuer
und bleibt im haus der rauch,
die alten weiber granen,
das kint des nachts nit frum,
das als tut dich vermanen,
das regenwetter kum.
die zeichen fert als heuer
geit uns der teglich brauch.
Buchempfehlung
Als einen humoristischen Autoren beschreibt sich E.T.A. Hoffmann in Verteidigung seines von den Zensurbehörden beschlagnahmten Manuskriptes, der »die Gebilde des wirklichen Lebens nur in der Abstraction des Humors wie in einem Spiegel auffassend reflectirt«. Es nützt nichts, die Episode um den Geheimen Hofrat Knarrpanti, in dem sich der preußische Polizeidirektor von Kamptz erkannt haben will, fällt der Zensur zum Opfer und erscheint erst 90 Jahre später. Das gegen ihn eingeleitete Disziplinarverfahren, der Jurist Hoffmann ist zu dieser Zeit Mitglied des Oberappellationssenates am Berliner Kammergericht, erlebt er nicht mehr. Er stirbt kurz nach Erscheinen der zensierten Fassung seines »Märchens in sieben Abenteuern«.
128 Seiten, 5.80 Euro
Buchempfehlung
Zwischen 1804 und 1815 ist Heidelberg das intellektuelle Zentrum einer Bewegung, die sich von dort aus in der Welt verbreitet. Individuelles Erleben von Idylle und Harmonie, die Innerlichkeit der Seele sind die zentralen Themen der Hochromantik als Gegenbewegung zur von der Antike inspirierten Klassik und der vernunftgetriebenen Aufklärung. Acht der ganz großen Erzählungen der Hochromantik hat Michael Holzinger für diese Leseausgabe zusammengestellt.
390 Seiten, 19.80 Euro