Alluvium

[151] Alluvium oder Alluvion bedeutet wörtlich Anschwemmung.

Da sich die geologische Tätigkeit der Gegenwart im Binnenland meist als Anschwemmung äußert, wurde der Begriff »Alluvium« als ein Zeitbegriff in die Geologie eingeführt und mit ihm die in der geschichtlichen Zeit und Gegenwart vor unsern Augen vor sich gehenden Gesteinsbildungen und geologischen Erscheinungen bezeichnet. Diele von der ursprünglichen Bedeutung des Wortes weit abweichende und gänzlich veränderte Fassung gilt heute noch, obwohl eine Reihe von Erscheinungen der Jetztzeit mit den Anschwemmungen der Flüsse nichts zu tun hat, z.B. die Torfbildung, die heutigen Meeresablagerungen, der Vulkanismus der Gegenwart, die Ablagerungen durch Wind, Quellabsätze, die Bildung des Schuttes, der Vegetationserde u.s.w. Teilweise wurde der Widerspruch durch Einführung der Bezeichnungen Novär- oder Rezentsystem oder jüngeres Quartär als gleichbedeutend mit Alluvium oder Alluvialzeit auszumerzen gesucht. Eine scharfe Grenze der letzteren gegen die unmittelbar vorausgegangene Diluvialzeit oder das Diluvium besteht keineswegs, und in vieler Beziehung ist es schwer zu entscheiden, was der einen oder der andern Erdperiode angehört. Die herrschende Meinung nimmt an, daß mit Beginn der Alluvialzeit die Oberflächengestaltung der Erde schon durchaus die heutige war, daß also nur diejenigen Veränderungen der Oberfläche hierher zu rechnen seien, welche die Flüsse durch Ueberschwemmungen, Hochwasser, das Meer durch Brandung u.s.w. erzeugen. Die Ablagerungen des Alluviums werden im weitesten geologischen Sinne des Wortes sein: Flußschlamm, -kies, -schoner, Strandablagerungen, Dünen, Sand, Kies, Marschen- und Wattenbildung, Korallenbänke, Tiefseeschlamm, Steppensalz und -kalk, Kalktuff und Kieselsinter als Quellenabsätze, Guano, Torf, Moor, Humus, Dammerde, vulkanische Ablagerungen wie Lava, Asche u.s.w. Auf den geologischen Spezialkarten wird Alluvium als Zeitbegriff angewendet und in erster Linie damit der ebene oder flache Teil der Talsole (meist weiß) bezeichnet, der zugleich die Ausdehnung der größten Hochwasser bedeutet. Hier gliedert sich das Alluvium zu unterst, über dem gewachsenen oder anstehenden Untergrund, in Schotter oder Kies, übel denen Sand und oben Lehm folgen kann. Unterhalb der Erosionsschluchten besteht das[151] Alluvium meist nur aus groben Aufschüttungen (Schotter und Kies), weiter talabwärts lagern sich feinere Aufschüttungen, Sand oder Lehm, auch sandige Tone auf. – Eine Gliederung der Alluvialzeit in verschiedene kleinere Zeitperioden geben Anthropologie und Urgeschichte.

Leppla.

Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 1 Stuttgart, Leipzig 1904., S. 151-152.
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