[116] Lehm, ein durch Eisenoxydhydrat gelb oder braun gefärbter, an Sand (mindestens 10%) reicher, also sehr magerer Ton oder toniger Sand, der teils aus der Verwitterung von kieselsäurearmen, aber feldspatreichen Eruptivgesteinen (Basalte, Melaphyre, Porphyrite, Andesite u.s.w.), teils auch von Tonschiefern, sandigen Schiefertonen und tonigen Sandsteinen und selbst von Mergel und mergeligen Kalken hervorgeht.
Glimmer in kleinen Schüppchen und Kalkspat sind ihm oft beigemengt. Er haftet nicht an der Zunge, besitzt einen glanzlosen Strich und glättet sich beim Reiben mit dem Fingernagel nicht. Große Mengen Wasser nimmt er auf (bis zu 50%), wenn er sich ausdehnen kann, und gibt sie langsam wieder ab, ist im feuchten Zustand immerhin knetbar, ohne indessen sehr plastisch zu sein. Beim Brennen wird er zuerst rot und schmilzt dann zu einer blaugrauen oder schwarzen Schlacke. Die aus der Verwitterung von Basalt und Melaphyr hervorgehenden Lehme (Wacken oder Wackentone) sind die eisenreichsten (bis 10% Fe2(OH)6) und an Sand ärmsten, also relativ fettesten Lehme und enthalten häufig Ausscheidungen von Brauneisenerz in Körnern und Knötchen (Bohnerz). Die Verwitterungslehme sind meist die am meisten mit nichttonigen Substanzen vermengten Lehme. Sie enthalten oft unvollständig zerfetzte Körner des Muttergesteins, sind nur schwer formbar und kleben wenig an den Fingern. Ihre Ablagerungsorte sind die Schwellen flacher Abhänge. Werden ihre seinen Bestandteile durch Regen weggespült und in die Flüsse geführt, dann werden sie von diesen als Schlämmlehm in Schichten wieder abgesetzt. Auf diese Weise sind meist mehrere Meter mächtige Schichten von den Flüssen der Diluvial- und Jetztzeit in den breiten Flußbetten abgelagert worden (Diluvial- und Alluvial- oder Auelehm). Schlämmlehm ist zumeist fetter und von grober Beimengung reiner, aber oft kalkhaltiger Lehm, der sich, ohne viel abzufärben, leicht zu Mehl zerreiben läßt, den eigentümlichen Tongeruch (Ammoniak) beim Anhauchen gibt, knet- und formbar ist und beim Austrocknen nicht sehr schwindet und berstet. Von Löß unterscheidet er sich äußerlich durch dunklere Farbe, durch Mangel an Kalkausscheidungen und eine gewisse blätterige oder Absonderung im trockenen Zustand.
Löß ist ein kalkreicher, feinsandiger Lehm. Der Gehalt an kohlensauerm Kalk (bis zu 36% CO3Ca) ist in seinen Krusten um die einzelnen Sandkörner verteilt und erzeugt so eine feste Bindung derselben; im trockenen Zustand ist er porös und steht gut, und zwar in oft meterhohen Wänden. Gewöhnlich führt Löß auch noch dünne weiße Röhrchen und faustgroße runde Knollen von Kalk (Lößkindel). An der Oberfläche der Lößablagerungen ist der Kalkgehalt meist bis auf Metertiefe durch gelöste Humussubstanzen und Regen ausgelaugt und fortgeführt und an seine Stelle ein sandiger Lehm getreten. Löß zerfällt mit Wasser vermischt gänzlich, ist also nicht plastisch, dagegen sehr durchlässig, besitzt eine hellgelbe bis hellgraulichgelbe Farbe, fühlt sich wie ein seines Mehl oder Staub an, ist bei einem Kalkgehalt über 10% wenig knet- und formbar und berstet alsdann beim Brennen. Löß lagert zumeist auf flachen Gehängen nahe der Talsohle und in derselben und wurde vorzugsweise von kalkreichen Flüssen der Diluvialzeit abgelagert (Rheinebene und -niederung), niederdeutsches Tiefland u.s.w.
Die Verwendung des Lehmes schließt sich an diejenige des Tones an. Der Reichtum an Flußmittel schließt feuerfeste Erzeugnisse aus Lehm aus. Backsteine und Ziegel werden in erster Linie aus Lehm hergestellt, daher die Bezeichnung Ziegelerde oder Ziegellehm. Untergeordnet ist die Verwendung zur Herstellung von Lehmwänden (mit Stroh vermengt), von Bodenbelag, zum Dichten von Fugen gegen Wasser, zum Verbessern sandiger Böden u.s.w. Nur kalkarme Lösse können noch zur Ziegel- und Backsteinbrennerei verwendet werden. Dafür gilt Löß als der fruchtbarste und am leichtesten zu bearbeitende Ackerboden; s.a. Geschiebelehm.
Literatur: Zirkel, Lehrbuch der Petrographie, Leipzig 1894, Bd. 3, S. 767; Senft, F., Die Tonsubstanzen, Berlin 1879.
Leppla.