Biegemaschine

[782] Biegemaschine, Vorrichtung zum Biegen von Metall und Holz.

I. Metallbiegemaschinen sind erforderlich zum Biegen starker Werkstücke und langer Blechkanten. Sie werden nach ihrer Wirkungsweise unterschieden.

1. Abbiegemaschinen, Absatz-, Abkantemaschinen [1], werden entweder mit feststehenden Spannwangen und beweglicher Biegewange oder mit feststehender Biegewange und beweglichen Spannwangen ausgeführt. Im ersten Falle können die Spannwangen selbstschließend sein, wobei die obere Spannwange zuweilen noch der Höhe nach verstellbar ist, oder die obere Spannwange wird besonders zugespannt. Im zweiten Falle werden die Spannwangen mittels Schrauben, Exzenter oder Hebel zugespannt. Fig. 1 zeigt schematisch eine Anordnung mit feststehenden Spannwangen B und C und einer schwingbaren Biegewange D. Rundungen lassen sich durch ruckweises Vorschieben des Werkstückes erzielen, Zickzackform durch Wenden des Bleches nach jeder Biegung. Zum Hohlumschlagen wird nach Fig. 2 eine Schiene zwischen die Spannwangen B und C gelegt. Eine Abbiegemaschine der Werkzeugmaschinenfabrik Schuler, Göppingen, mit Schraubenzuspannung zeigt Fig. 3, mit selbsttätiger Zuspannung Fig. 4. Bei der in Fig. 5 dargestellten Abkantemaschine [2] erfolgt die Wangenstellung selbsttätig. Zugleich mit dem Oeffnen und Schließen der Spannwangen verschieben sich die Schwenkbolzen in der Biegewange und ihre Lager derart, daß die Schwenkbolzenachsen für hohe und tiefe Stellung der oberen Spannwange die richtige Lage haben, sei es, daß unmittelbar über die scharfe Kante der oberen Spannwange, sei es, daß über eingespannte Schienen oder Rundstäbe gebogen wird. Die Spannwangen spannen noch in einer Entfernung von 75 mm, so daß Rundungen mit einem Durchmesser bis zu 150 mm gebogen werden können. Die große Wangenöffnung ermöglicht das Hindurchführen von Blechen, die schon mit Abbiegungen versehen sind. Das Auf- und Niederstellen der oberen Spannwange wird durch Spindeln mittels Schraubenräder und durchgehender Welle bewirkt. Eine zweite Welle, von der ersten durch Stirnräder angetrieben, bewirkt die Einstellung der Schwenkbolzen und ihrer Lager.

2. Wulstmaschinen dienen zum Biegen eines Zylindermantels. Fig. 6 zeigt schematisch die Anordnung einer Wulstmaschine [3]. Das zu wulstende Blech muß eine gerade Schnittfläche[782] haben und der mit einem Einschnitt das Blech fassende Stahlstab muß an beiden Kurbeln gleichmäßig gedreht werden. Fig. 7 ist eine Wulst- und Drahteinlegemaschine [4], deren Wirkungsweise aus Fig. 8 und 9 ersichtlich ist. In dem Ständer α mit der Stahlschiene d ist der Unterteil b dadurch auf- und abschiebbar, daß ein Keil mittels Spindel und Handrad seitlich verschoben wird. Der Vorderteil e ist schwingbar mit b verbunden. Zwischen b und d liegt die spitzwinklige Stahlschiene f, die beim Aufwärtsbewegen des Teiles b nach vorn geschoben wird, so daß ein Rundstab zwischen b, f und d festgeklemmt werden kann. Beim Wulsten wird das Blech unter den Stab geschoben, durch Drehung des Handrades festgeklemmt und die Wange e aufwärts gedreht. Das Verfahren kann bis zur Herstellung einer vollen Rundung wiederholt werden.

3. Rollmaschinen dienen zur Herstellung von Röhren, die wegen ihres geringen Durchmessers nicht auf einer Rundmaschine gebogen werden können. Ihre Wirkungsweise besteht darin, daß ein Blechstück gegen eine rund ausgehöhlte Stahlhacke geschoben und hierbei aufgerollt wird.

4. Rundmaschinen oder Biegewalzwerke. Die Walzen sind wie in Fig. 10 oder Fig. 11 angeordnet. A und B heißen Zuführungswalzen, C Biegewalze. Im ersten Falle erhält gewöhnlich nur eine Zuführungswalze den Antrieb, die andre, die Schleppwalze, wird durch Reibung oder Zahnradübertragung mitgenommen, im zweiten Falle werden beide Zuführungswalzen angetrieben. Häufig ist eine vierte Walze, Vorbiegewalze, F in Fig. 10 vorhanden, die das Einführen des Bleches E erleichtert und die Arbeit beschleunigt. Konische Biegungen werden dadurch erzielt, daß eine Walze schräg eingestellt wird. Profilierte Arbeitsstücke, Rundeisen und Rohre werden auf Walzen mit profilierten Furchen gebogen. Fig. 12 ist eine Rohrbiegemaschine der Maschinenfabrik Erdmann-Kircheis. Die unteren Walzen θ sind festgelagert, die obere A ist mittels Handrad a, Kegelräder e, f und Schraubenspindel verstellbar und läßt sich nach oben abheben, b und c sind Feststellvorrichtungen für das Handrad. – Fig. 13 ist eine Maschine derselben Firma zum Biegen von Bandeisen über die hohe Kante und von Winkeleisen. Riffeln und Wellen werden auf Rundmaschinen mit in der Längenrichtung gefurchten Walzen gebogen. Bei den meisten Rundmaschinen ist die obere Walze seitlich herausdrehbar oder abnehmbar. Bei der ersten Anordnung wird das Abnehmen der Gegenstände erleichtert, da die Welle nicht gehalten zu werden braucht. Die Walzen sind durch Keil oder Schrauben verstellbar. Fig. 14 zeigt eine kleine Rundmaschine der Werkzeugmaschinenfabrik Schuler-Göppingen für schwache Bleche; die untere und hintere Welle sind durch Schrauben verstellbar. Fig. 15 ist eine kräftige Rundmaschine derselben Firma,[783] die mit doppeltem oder einfachem Rädervorgelege arbeitet. Vor dem Herausdrehen der oberen Zuführungswalze muß der linksseitige Trieb ausgelöst werden. Fig. 16 ist eine Rundmaschine für Kraftbetrieb [5]. Rundmaschinen dienen häufig auch zum Falzanbiegen, zum Drahtzulegen und Sicken. Ihre Walzen erhalten dann (s. Fig. 16) Falznuten; vgl. a. Bördelmaschinen.

II. Holzbiegemaschinen [7]. In Fig. 17 ist eine Maschine zum Biegen von Holz [6] dargestellt. Die Biegehebel ruhen auf Stützrollen am Maschinenständer. Sie sind mit einem Stahlband belegt, gegen dessen Ansätze sich die Enden des Werkstückes stützen. Das Stahlband ruht zwischen Klötzen, die mittels Exzenter, Kurbeln oder Keilen verstellbar sind. Die an den Enden der Biegehebel beteiligten und über Rollen laufenden Seile lassen sich durch Schnecke und Schneckenrad auf eine Trommel winden, wobei das Werkstück gebogen wird. Der obere Teil der Biegeform bleibt mit dem Werkstück zusammen, bis dieses die Biegung angenommen hat.


Literatur (s.a. Biegen): [1] Schüler, L., Werkzeugmaschinenfabrik und Gießerei, Göppingen, Katalog 1900. – [2] Kneusel, Maschinenfabrik, Eisen- und Metallgießerei, Zeulenroda, Katalog 1901. – [3] Erdmann-Kircheis, Maschinenfabrik und Eisengießerei, Aue, Erzgebirge, Katalog 1900. – [4] Maschinenfabrik Brüder Scherb, Wien, Katalog 1898. – [5] Hiltmann & Lorenz, Maschinenfabrik, Aue, Katalog 1901. – [6] Fay, I.A., Säge- und Holzbearbeitungsmaschinen, Cincinnati. Ohio, U.S.A., Katalog 1899. – [7] Exner, W.F., und Lauboeck, G., Biegen des Holzes, 3. Aufl., Weimar 1893; Fischer, H., Die Werkzeugmaschinen, Bd. 2: Die Holzbearbeitungsmaschinen, Berlin 1901.

Dalchow.

Fig. 1., Fig. 2.
Fig. 1., Fig. 2.
Fig. 3.
Fig. 3.
Fig. 4., Fig. 5.
Fig. 4., Fig. 5.
Fig. 6.
Fig. 6.
Fig. 7., Fig. 8., Fig. 9.
Fig. 7., Fig. 8., Fig. 9.
Fig. 10., Fig. 11.
Fig. 10., Fig. 11.
Fig. 12.
Fig. 12.
Fig. 13.
Fig. 13.
Fig. 14.
Fig. 14.
Fig. 15.
Fig. 15.
Fig. 16., Fig. 17.
Fig. 16., Fig. 17.
Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 1 Stuttgart, Leipzig 1904., S. 782-784.
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