Elektrizitätszähler [2]

[167] Elektrizitätszähler. Die zur Zeit benutzten Zählerarten sind:

1. Elektrolytische Zähler beruhen auf der chemischen Wirkung des Stromes, der aus einem Elektrolyten an der negativen Elektrode ein Metall ausscheidet, dessen Menge gewogen oder gemessen wird. Die Firma Schott u. Gen. in Jena verwenden bei ihrem Stiazähler eine wässerige Lösung von Jodquecksilber und Jodkalium als Elektrolyt. Das ausgeschiedene Quecksilber sammelt sich in einem Meßrohr an, in einer Menge, die dem durchgegangenen Strome proportional ist. Die Teilung der Skala gibt entweder den Verbrauch in Amperestunden oder, wenn es sich um eine mittlere gleichmäßige Spannung handelt, in Kilowattstunden an [1], [2], [4]. – Bei einem Zähler der Solar-Zählerwerke in Hamburg wird aus wässeriger Phosphorsäure Wasserstoff in einem Meßrohr abgeschieden [9], Elektrolytische Zähler sind nur für Gleichstrom benutzbar.

2. Pendelzähler von Aron (Firma Aron, Elektrotechnische Gesellschaft in Berlin). Hierbei sind zwei Pendeluhrwerke vorhanden, deren Gang durch die Stromwirkung so beeinflußt wird, daß die eine Uhr schneller, die andere langsamer geht als im stromlosen Zustande. Der Unterschied der Ganggeschwindigkeit beider Pendel wird durch ein sogenanntes Differentialgetriebe auf das Zählwerk übertragen. Bei den neueren Ausführungen werden die etwa durch ungleiche Pendelschwingungen entstehenden Fehler durch eine sinnreiche Umschalteeinrichtung aufgehoben. Das Aufziehen der Uhrwerke besorgt eine elektrische Aufzugsvorrichtung selbsttätig. Die Pendelzähler werden als Wattstundenzähler für Gleich-, Wechsel- und Drehstrom ausgeführt [1], [2]. Bei den Drehstromzählern ist die von Aron 1892 angegebene Leistungsmessung mittels der Zweiwattmeterschaltung angewendet.

3. Motorzähler sind die am meisten zur Verwendung kommenden Zähler [1], [2]. a) Bei den Magnetmotorzählern (Ampèrestundenmotorzähler für Gleichstrom) versetzt das Feld eines Dauermagneten einen stromdurchflossenen Anker in drehende Bewegung. Die gemessene Elektrizitätsmenge ist der Umdrehungszahl des Ankers direkt proportional. Dieser ist entweder ein flacher Scheibenanker oder ein Glockenanker; die Stromzuführung wird durch einen kleinen Kollektor bewirkt. Als Regulierbelastung dient eine auf der Ankerachse sitzende Bremsscheibe aus Kupfer oder Aluminium, in der die Pole von Dauermagneten Wirbelströme induzieren, die der Drehung entgegenwirken; durch die Verstellung der Bremsmagnete läßt sich die Belastung bezüglich die Umdrehungszahl einregulieren. Die Bremsung bewirkt, daß die Umdrehungsgeschwindigkeit der Motorleistung proportional ist und somit die Umdrehungszahl ein Maß für die in einer bestimmten Zeit geleistete Arbeit darstellt. Der Kollektor nebst den Stromabnahmebürsten bildet eine veränderliche Fehlerquelle, weshalb man versucht hat, ihn in Fortfall zu bringen. Die auf dem Unipolarprinzip beruhenden Quecksilbermotorzähler arbeiten ohne Kollektor; bei ihnen dreht sich eine Kupferscheibe oder Glocke, gleichzeitig als Wirbelstrombremse dienend, in einer mit Quecksilber gefüllten Kammer zwischen den Polen eines Dauermagneten, wenn der Strom entsprechend durch das Quecksilber hindurchgeleitet wird [7], [8]. – b) Bei den dynamometrischen Zählern (Wattstundenmotorzähler) sind an Stelle des Dauermagneten Spulen angeordnet, die vom Verbrauchsstrom durchflossen werden, während die bewegliche Ankerspule nebst einem Umschaltwiderstand im Spannungskreis liegt. Die Vorrichtung wirkt also als Elektromotor und überträgt wieder die Drehbewegung auf die Bremsscheibe und auf das Zählwerk. Auch diese Zähler müssen mit einem Kollektor versehen sein, der vermieden werden kann, wenn der Anker statt der Drehung nur eine hin- und hergehende Bewegung macht. Bei diesen oszillierenden oder Wendemotorzählern wird von der Ankerspule, nachdem sie sich um einen durch Anschläge bestimmten Winkel gedreht hat, der Stromkreis eines Relais geschlossen, hierdurch das Zählwerk weiter geschaltet und der Strom im Anker umgekehrt, so daß er sich nun nach entgegengesetzter Richtung bewegen muß, hierbei trifft er auf den zweiten Anschlag und Kontakt, das Spiel beginnt von neuem und der Anker oszilliert, solange Strom hindurchgeht. Beim jedesmaligen Schließen des Kontaktes wird auch ein Zahn des ersten Zählwerkrades weitergeschoben. Da die Oszillationen nicht direkt, sondern elektromagnetisch mittels Relais auf das Zählwerk übertragen werden, so ist eine räumliche Trennung von Zähler und Zählwerk möglich, was bei Anlagen in Zentralen von Vorteil sein kann. Die dynamometrischen Zähler sind hauptsächlich als Wattstundenzähler für Gleichstrom in Verwendung, können jedoch für Wechsel- und Drehstrom gebaut werden. – c) Die Induktionszähler (Ferrariszähler) sind Wattstundenzähler für Wechsel- und Drehstrom. Sie besitzen zwei Elektromagnete, deren einer im Hauptstrom (Stromeisen) liegt, während der andere an die Spannung (Spannungseisen) gelegt ist. Der Anker besteht aus einer Scheibe, einem Zylinder oder einer Glocke aus Kupfer oder Aluminium. Wirken die beiden räumlich und zeitlich verschobenen Wechselstrommagnetfelder auf diesen Anker und erzeugen in ihm Wirbelströme, so entsteht nach dem Ferrarisprinzip ein Drehfeld, d.h. durch die Wechselwirkung der zwei in der Phase um 90° gegeneinander verschobenen Magnetfelder, von denen das eine der Verbrauchsstrom, das andere der Spannungsstrom erzeugt, wird der Anker in Drehung versetzt. Seine Bremsung erfolgt wieder durch Heilbare Dauermagnete und die Registrierung durch ein Zählwerk. Ueber den Ausgleich der Lagerreibung, über die Schaltungsarten (Zwei- oder Dreiwattmeter-Schaltung) s. [2]. – Zähler für Wechsel- und Drehstrom werden gewöhnlich nur bis zu 100 Ampere und 600 Volt gebaut. Darüber hinaus benutzt man normale Zähler für 5 oder 10 Ampere und 110 Volt, die mittels sogenanntem Meßwandler (Meßtransformatoren) angeschlossen werden. In Hochspannungsanlagen erhalten die Zähler auf der Hochspannungsseite stets Strom- und Spannungswandler [6], [12].[167]

4. Zähler für Sondertarife sollen besonderen Bedürfnissen des Konsumenten und des Elektrizitätswerkes Rechnung tragen. – a) Der Doppeltarifzähler [5], [11] ermöglicht, daß in den Tagesstunden, in denen das Werk nicht voll belastet ist, also unökonomisch arbeitet, als Anregung zu vermehrter Abnahme Strom besonders für Kraftzwecke zu einem billigeren Tarif abgegeben wird als in den abendlichen Stunden des Hauptlichtbedarfs, um so eine gleichmäßigere Verteilung auf die ganze Betriebszeit zu bewirken. Er besitzt zwei Zählwerke, die von einer Uhr zu bestimmten Zeiten abwechselnd eingeschaltet werden und deren eines während der Zeit des billigeren, deren anderes während der Dauer des hohen Tarifes (sogenannte Sperrzeit), den Stromverbrauch verzeichnet. Die Schaltuhr wird entweder in den Zähler eingebaut, wobei die Umschaltung mechanisch erfolgt, oder von ihm getrennt aufgestellt, mit elektrischer Umschaltung. Bei dieser Ausführung können beliebig viele Zähler an eine Uhr gelegt werden, auch kann die Umschaltung von einer Hauptstelle (z.B. vom Elektrizitätswerk) aus vorgenommen werden. Bei dem sogenannten Staffeltarif erfolgt die Umschaltung auf den höheren Tarif unabhängig von der Tageszeit bei Ueberschreitung einer vereinbarten Stromstärke. – b) Höchstverbrauchzähler sind Wattstundenzähler mit Maximalzeiger und dienen wie a) gleichfalls dem Zwecke, den Strom bei gleichmäßigem Verbrauch billiger abzugeben. Der Abnehmer bezahlt zunächst die von ihm verbrauchten Kilowattstunden nach einem billigeren Tarif, wozu dann noch ein zu vereinbarender Betrag kommt, der sich nach der, während der Berechnungszeit angezeigten Höchstbelastung richtet. Hierbei bleiben kurze Zeit währende Höchstwerte, wie z.B. Stromstöße beim Einschalten eines Motors, außer Betracht und der Zeigerausschlag legt nur zeitweilig die mittlere Belastung des Zählers während einer Viertelstunde fest. Der größte dieser während der Ablesezeit vermerkten Mittelwerte ist für die Abrechnung maßgebend. Die Rückstellung des Zeigers erfolgt durch den Ablesebeamten von Hand. Der Zeiger wird von Zeit zu Zeit selbsttätig mit dem Zählwerk entsprechend gekuppelt und bleibt auf dem erreichten Teilstrich stehen; er verschiebt sich nur noch vorwärts, wenn der Stromverbrauch den vorher angezeigten üb ersteigt (sogenannter Maximumzeiger [2]). – c) Pauschaltarifzähler, Spitzenzähler (Subtraktionszähler) werden für Abnahmestellen verwendet, bei denen eine bestimmte Belastungsgrenze festgesetzt ist. Sie enthalten zwei Zählwerke, von denen das eine den Gesamtverbrauch zählt, während das zweite die über die festgesetzte Grenze hinaus verbrauchten Kilowattstunden angibt. Ein Uhrwerk vermittelt durch ein Differentialgetriebe die Verbindung beider Zählwerke [17]. Soll eine Entnahme über die Höchstgrenze hinaus überhaupt verhindert werden, so kommt ein Strombegrenzer zur Anwendung, was besonders bei Kleinabnehmern, die einen Pauschalbetrag für eine bestimmte Lampenzahl zahlen, praktisch ist, um den Zähler zu ersparen. Bei Einschaltung von mehr- oder von höherkerzigen Lampen als vereinbart, tritt ein elektromagnetischer Unterbrecher in Tätigkeit, der die Leitung in kurzen Intervallen ein- und ausschaltet. Das hierdurch erzeugte Flackern des Lichtes zwingt den Abnehmer auf die zulässige Lampenzahl zurückzugehen. Bei noch stärkerer Stromentnahme erfolgt vollständige Abschaltung [10], [15]. – d) Vergütungszähler sollen Kleinabnehmern die Benutzung elektrischer Heizapparate, z.B. Bügeleisen, Kocher zu billigerem Strompreis und ohne Anordnung eines besonderen Kraftstromzählers nebst kostspieliger Leitung ermöglichen. Der vor den Stromverbraucher (Bügeleisen) geschaltete Vergütungszähler zeigt an, auf welche Kilowattstundenzahl der Gesamtangabe des Hauptzählers eine Vergütung (Unterschied zwischen Licht- und Kraftstrom) zu zahlen ist [14]. Da die Stromentnahme des Heiz- oder Kochapparates annähernd konstant bleibt, genügt ein sogenannter Zeitzähler, also ein einfaches Uhrwerk, das mittels Glühlampensockel in eine Wandfassung geschraubt werden kann. Die Anschlußsteckdose befindet sich dann an der Vorderseite des Zählers. – e) Elektrizitätsselbstverkäufer (Münzzähler, Automaten) dienen dazu, die Ausbreitung kleinerer elektrischer Licht- und Kraftanlagen auch unter den weniger Bemittelten durch Gewährung günstiger Zahlungsbedingungen zu fördern. Sehr viele sind eher bereit, öfters kleinere Beträge als einmal eine größere Summe auszugeben, und es werden deshalb nach dem Prinzip der Gasautomaten auch solche für die Abgabe von kleinen Mengen elektrischen Stromes bei Einwurf von Münzen (10 Elektrizitätszähler [2]) gebaut. Sie können für jeden Tarif und für jede Münzsorte eingerichtet werden und sind meist mit drei Zählwerken versehen, von denen eines die verbrauchten Kilowattstunden, ein zweites die noch unverbrauchten Münzen (es kann eine bestimmte Anzahl Münzen gleichzeitig eingeführt werden) und das dritte die Gesamtzahl der eingeführten Münzen angibt [3], [7], [18]. – Die für den Zählerbau in Deutschland hauptsächlich in Betracht kommenden Firmen sind: Aron, Berlin; Allgemeine Elektrizitäts-Gesellschaft, Berlin; Bergmann-Elektrizitätswerke, Berlin; Isaria-Zählerwerke, München; Körting & Mathiesen, Leipzig; Mix & Genest, Berlin; Schott & Gen., Jena (elektrolytische Zähler); Siemens-Schuckert-Werke, Berlin; Solar-Zählerwerke, Hamburg. – Genaue Beschreibungen und Erläuterungen der von ihnen gebauten Zähler findet man in den Berichten der Physikalisch-Technischen Reichsanstalt über die vorgenommenen Prüfungen und Beglaubigungen, die in den Jahrgängen 1903–1919 der Elektrotechnischen Zeitschrift veröffentlicht sind. Eine solche Prüfung und Beglaubigung muß nach dem Reichsgesetz vom 1. Juni 1898 bei jedem Zähler vorgenommen werden; sie erfolgt durch die Physikalisch-Technische Reichsanstalt und durch die sieben Elektrischen Prüfungsämter zu Bremen, Chemnitz, Frankfurt a.M., Hamburg, Ilmenau, München, Nürnberg [16].


Literatur: [1] Königswerther, Konstruktion u. Prüfung der Elektrizitätszähler, Leipzig 1914. – [2] Holzt, Schule des Elektrotechnikers, Leipzig 1915. – [3] Elektrotechn. Zeitschr. 1912, S. 320. – [4] Ebend. 1912, S. 432. – [5] Ebend. 1912, S. 617. – [6] Ebend. 1912, S. 719. – [7] Ebend. 1913, S. 141. – [8] Ebend. 1913, S. 1234. – [9] Ebend. 1914, S. 739. – [1. 0] Ebend. 1916, S. 430. – [11] Ebend. 1914, S. 316. – [12] Ebend. 1914, S. 854. – [13] Ebend. 1914, S. 64. – [14] Ebend. 1914, S. 798. – [15] Ebend. 1915, S. 378. – [16] Ebend. 1915, S. 372. – [17] Ebend. 1915, S. 245. – [18] Ebend. 1915, S. 330.

Holzt.

Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 1 Stuttgart, Leipzig 1920., S. 167-169.
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