Funkentelegraphie [2]

[245] Funkentelegraphie im Luftfahrzeug. Wetterdienst und Navigation vor allem verlangen die Möglichkeit einer dauernden Verbindung mit dem Erdboden; hinzu kommt der Nachrichtendienst, ohne welchen die Luftfahrzeuge als militärische Aufklärungsmittel und auch als Verkehrsmittel über größere Strecken nicht in Frage kämen. Die Fortschritte der letzten Jahre auf dem Gebiete der Funkentelegraphie (Kathodenröhrenempfangsverstärker, Röhrensender, Peilverfahren, Funkentelephonie) kamen insbesondere dem Luftfahrzeug zu statten.

Die ersten Versuche mit Funkentelegraphieempfangsstationen wurden im Luftschiff vorgenommen. Wegen der befürchteten Brandgefahr ging man nur zögernd und unter Anwendung größter Vorsicht an den Einbau von Sendestationen nach dem System der tönenden Löschfunken, und zwar zuerst bei einem Parsevalschiff, sodann auch bei Zeppelin- und Schütte-Lanzschiffen, wobei im ersten Fall die Metallteile der Gondel, in den beiden anderen Fällen die Metallteile des Gerippes als Gegengewicht dienten. Nach eingehender Erprobung erhielten sämtliche deutsche Heeres- und Marineluftschiffe Funkentelegraphiestationen nach dem Telefunkensystem. Die neueste Ausführung der Telefunkenschrankstation für Luftschiffe hat bei 800 Watt in der Antenne eine Senderreichweite von ungefähr 1000 km.

Beim Flugzeug beschränkte sich der Verkehr mit dem Erdboden anfangs auf optische Signale und auf Abwurfmeldung. Mit der Leistungsfähigkeit der Flugzeuge wuchs auch der Bedarf an Möglichkeiten der Nachrichtenübermittlung, der bei der verschiedenartigen Anwendung[245] des Flugzeugs vom Infanterie- und Artillerieflugzeug bis zum Riesenflugzeug, auch zu mannigfacher Ausbildung des Funkentelegraphiegerätes führte. Genügten für die Zwecke der ersteren leichte Stationen mit geringer Reichweite, so blieben die Anforderungen der letzteren kaum hinter denen der Luftschiffe zurück. Die letzten R-Sender und -Empfänger haben eine Senderreichweite von 450 km, die neuesten Flugzeugsender der Telefunkengesellschaft ein Sendebereich von 250 km. Um bei der immer wachsenden Anwendung der Funkentelegraphie gegenseitige Störungen zu vermeiden, ging man von dem obengenannten System der tönenden Löschfunken zu dem der ungedämpften Schwingungen vermittels Kathodenröhren über, welch letztere bereits vorher als Empfangsverstärker im Gebrauch waren. Die Vorzüge dieses Systems liegen in geringer Sendeenergie, schärfster Welleneinstellung und Abstimmungsmöglichkeit, Tonvariation in weiten Grenzen, einfachen Richtungsanlagen. Als Antenne diente beim Luftschiff zuerst ein 200 m langer herabhängender Luftdraht, später ging man zu ⊤-Antennen über, deren Drähte keine so große Vertikalerstreckung haben. Der Antennendraht für die schwächeren Flugzeugstationen ist wesentlich kürzer (30–70 m); zum Teil genügt eine in die Tragflächen eingezogene oder über ihnen ausgespannte feste Antenne.


Literatur: Dieckmann, Leitfaden der drahtlosen Telegraphie für die Luftschiffahrt, München 1914. – Niemann, Funkentelegraphie für Flugzeuge, Berlin 1919. – Zeitschr. für Flugtechnik und Motorluftschiffahrt, München-Berlin.

Helffrich.

Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 1 Stuttgart, Leipzig 1920., S. 245-246.
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