[676] Gummidruck, direkter Pigmentdruck, ein photographisches Kopierverfahren, bei dem die lichtempfindliche Schicht, beistehend aus Gummi, chromsauren Salzen und Pigmenten (Aquarellfarben), auf Papier aufgetragen und unter einem Negativ belichtet wird.
Die vom Lichte getroffenen Stellen werden unlöslich und halten das Pigment fest; die Entwicklung geschieht mit Wasser. Man pflegt bei diesem Prozesse zwei oder drei Bildschichten sukzessive übereinander zu kopieren, um die Kraft und Modulation der Bilder zu regeln. Der Prozeß ist schon seit 50 Jahren bekannt, wird jedoch erst seit der Mitte der 1890er Jahre zur Herstellung künstlerischer Photographien mit Vorliebe vielfach verwendet, da er gestattet, durch eigenmächtiges Eingreifen während der Entwicklung die künstlerischen Ablichten des Photographen zum Ausdruck zu bringen.[676]
Zur Herstellung der Gummilösung (Gummistärkelösung) werden 4 Teile weißes Gummiarabikum in 10 Teilen Wasser warm gelöst. Zur Haltbarmachung versetzt man diese Gummivorratslösung mit einigen Tropfen Karbolsäure. Man kann aber auch diese Lösung ohne Karbolzusatz absichtlich schimmeln lassen und filtriert sie danach durch Gaze. Vorteilhaft hat sich erwiesen, wenn zum Auflösen des Gummis anstatt des Wassers eine 2 prozentige Stärkeabkochung benutzt wird.
Die Chromatlösung besteht aus 10 Teilen Kalium- oder Ammoniumbichromat und 100 Teilen Wasser.
Zum Ueberziehen des Papiers mit der Gummischicht wird gut geleimtes bezw. vorpräpariertes Papier auf eine ebene Holzunterlage mit Fließpapier gebracht, an den Enden befestigt und mit einer dünnen Schicht von Farbe, Gummi und Chromatlösung überzogen. Das Mischen von Farbe und Gummi wird beim Tageslicht durchgeführt, während der Zusatz von Chromsalz und das Streichen des Papiers bei stark gedämpftem Tageslicht oder Lampenlicht vorgenommen wird. Zum Auftragen der Mischung verwendet man einen breiten weichen Pinsel (Fischhaarpinsel), zum Ausgleichen einen Vertreibpinsel aus Dachshaar. Getrocknet wird das Gummidruckpapier in einer geheizten Dunkelkammer. Als allgemeines Rezept kann eine Mischung von gleichen Teilen Farbe, Gummiarabikum und Chromatlösung gelten. Dieselbe muß so dünn aufgestrichen sein, daß das Papier noch durchscheint.
Die Belichtung kann sowohl von der Schichtseite als auch von der Rückseite vorgenommen werden. In letzterem Falle wird das gestrichene Papier in Petroleum getränkt, mit Fließpapier abgesaugt, wodurch dasselbe nach dem Trocknen transparent erscheint. Das Petroleum wird beim fertigen Druck durch Uebergießen des Druckes mit Benzin entfernt. Belichtet wird das Gummipapier unter einem Negativ im Kopierrahmen, wobei Papier und Negativ mit Strichmarken versehen werden. Zur Abschatzung der Lichtwirkung wird (wie beim Pigmentdruck) ein Photometer benutzt. Die Lichtempfindlichkeit des Gummidruckpapiers ist so groß, daß ein für Celloidindruck geeignetes Negativ bei zerstreutem hellen Tageslichte in beiläufig 1/2 Stunde fertig kopiert.
Die Entwicklung geht bei richtigem Kopiergrade im kalten oder mäßig erwärmten Wasserbade, auf dem die Kopie unter Vermeidung von Luftblasen schwimmen gelassen wird, vor sich. Bei stärkerer Belichtung wird durch Schaukeln des Papieres im Wasserbade, durch Ueberspülen, Abbrausen mit kaltem Wasser, Uebergießen mit Holzmehlbrei u.s.w. entwickelt. Die erste Kopie auf Gummidruckpapier gibt fast nie ein fertiges Bild, es sind meist zwei, drei oder noch mehr Kopien erforderlich, was erreicht wird, indem man die trockene erste Kopie abermals mit der lichtempfindlichen Farbschicht überstreicht, trocknet, belichtet, entwickelt und wiederholt, bis das Bild die gewünschte Tonabstufung aufweist. Meist werden drei übereinander kopierte Farbbildschichten (eine für die dunkelsten Töne, eine für Mitteltöne, eine für die Details in den Lichtern) das richtigste Resultat geben. Demzufolge ist auch die Kopierzeit zu wählen, für Schatten kürzer, für Mitteltöne länger und für die Details in den Lichtern am längsten. Der fertige Gummidruck wird mit einer dünnen Gummischicht überzogen.
Literatur: Behrens, Der Gummidruck, 2. Aufl., Berlin 1903; Gaedicke, Der Gummidruck, 2. Aufl., Berlin 1903; Hofmeister, Der Gummidruck, Halle a. S. 1898; Kosel, Der Gummidruck, Wien 1900; Kösters, Der Gummidruck, Halle a. S. 1904; Rapp, Praktische Anleitung zur Ausübung des Gummidruckes, Wien 1900; Silberer, Anleitung zum Gummidruck, Wien 1903; Eder, Rezepte und Tabellen, 6. Aufl., Halle a. S. 1905.
F.M. Eder.