Markt

[306] Markt (Marktplatz, Markthalle) dient zum Verkaufe verschiedener Waren; er soll im verkehrsreichen Mittelpunkte der Stadt gelegen und so angeordnet sein, daß Zufahrtstraßen längs der Seiten hinführen, den Platz nicht kreuzen und trennen. Er ist durch öffentliche Brunnen oder Denkmale zu schmücken; auch kann durch Baumanlagen schützender Schatten verbreitet werden.

Märkte hat es schon im frühen Altertum gegeben. Der Marktplatz der Griechen (agora) war anfangs unregelmäßig, später suchte man ihm eine quadratische Gestalt zu geben und umzog ihn teilweise mit Säulenhallen. Der römische Marktplatz (das Forum) hatte eine weit größere Bedeutung; man unterschied Fora, auf welchen Waren verkauft wurden, die zumeist, selbst in Rom, keine große Ausdehnung besaßen, und Fora, auf welchen Volksversammlungen abgehalten wurden Letztere bildeten umfangreiche Prachtanlagen, die mit imposanten Bauten, namentlich Tempeln und Basiliken, geschmückt erschienen. Die bedeutendsten Marktplätze Roms waren das Forum romanum und das Forum Trajanum, außerdem hatte es noch mehrere kleinere Fora. Im Mittelalter erhielt der Markt zumeist keine große Ausdehnung, pflegte ziemlich unregelmäßig zu sein und ließ auf keinen großen Umsatz schließen. Eine weit größere Bedeutung hatten die mittelalterlichen Märkte im Orient (s. Bazar). In neuerer Zeit erhielt der Markt ein andres Gepräge; nach der Zeit seines Tagens unterschied man Jahrmärkte, Wochenmärkte und die gewöhnlichen täglichen Märkte. Mit der Zunahme der Bevölkerung erfolgte auch eine derartige Zunahme der ausgebotenen Waren, daß weitere Spezialisierungen eintreten mußten: Vieh-, Pferde-, Geflügel-, Getreide-, Wildbret-, Fleisch-, Fisch-, Grün-, Blumen-, Eiermärkte u.s.w. Die zu verkaufenden Gegenstände wurden entweder offen hingestellt oder von Buden aus verkauft. Zum Schütze gegen die Witterung wurden schon in früherer Zeit in vielen Städten Deutschlands feste Bauten errichtet, in welchen namentlich Tuch und andre Stoffe festgeboten wurden; man nannte sie Gewand- oder Kaufhäuser, z.B. in Leipzig und Krakau.

In der Neuzeit erwuchs auch in den Großstädten das Bedürfnis, statt der offenen Märkte gedeckte Markthallen [1] zu schaffen, welche entweder, wie im Süden, nur einen Schutz gegen Sonnenbrand und Regen bieten oder aber, wie in den kälteren Klimaten, auch gegen Wind und Kälte schützen sollen. Bei diesen Hallen geschieht die Raumverteilung reihenweise in Standplätze und Gänge von 3,1 m sowie Zwischengänge von 1,5–2 m Breite. Der Boden sei wenig über Straßenhöhe erhaben, so daß ein Einfahren stattfinden kann; Galerien sind, weil unbequem, tunlichst zu vermeiden. Bei größeren Anlagen sind einige Zimmer für die Verwaltung und Polizei sowie Aborte anzuordnen. Für Aufbewahrung der Marktwaren ist eine Unterkellerung mit Kühleinrichtung wünschenswert, welche durch bequeme Treppen und Aufzüge (auch Bahngleise) zugänglich zu machen ist; für Fleischwaren und Fische ist ein Eiskeller vorzusehen. Der Aufbau ist möglichst feuersicher zu erstellen, demnach der Unterbau (bis 3 m [306] Höhe) in Stein, darüber eine Eisenkonstruktion mit Glas, wobei zu richtiger Verteilung von Licht und Luft die Scheiben als Heilbare Jalousien zu richten sind. Der Fußboden ist in Zement, Asphalt oder Pflasterung zu bilden. Die innere Einrichtung für die Stände ist tunlichst in Eisen zu erstellen, die Tischplatten in Marmor- oder Schieferplatten. Zur Erzielung höchster Reinlichkeit sind laufende Brunnen anzuordnen. Den einzelnen Ständen ist Wasser zuzuführen. Die ersten Markthallen in modernem Sinne entstanden in Paris, und es war namentlich Boffraut, der in den Jahren 1763–67 die runde Getreidehalle errichtete. Napoleon I. veranlaßte 1810 eine großartige Anlage von Markthallen, die heute Halles centrales genannt werden und nach Plänen Baltards bis 1878 erbaut wurden [2]. Sie bestehen aus großen luftigen Pavillons, in Stein, Eisen und Glas hergestellt, mit Zinkblech eingedeckt und durch breite Straßen voneinander getrennt. Die überdeckte Fläche beträgt 25600 qm, und das Innere zeigt so vorzügliche Einrichtungen, daß diesem Vorbilde viele andre Markthallen nachgebildet wurden, z.B. die Londoner Zentralhalle in Smithfield, die beiden Markthallen zu Brüssel, die Detailmarkthalle an der Stubenbastei in Wien, die zu Frankfurt a. M. (s. Fig. 1 und 2) u.s.w. [3]. Berlin hat etwas später mit dem Bau derartiger Anlagen begonnen, heute aber finden sich verschiedene Markthallen in der Stadt zerstreut, von welchen die Zentralmarkthalle am Alexanderplatz eine Fläche von 7500 qm hat.

Ueber die reiche Literatur s. [1] Handbuch der Architektur, 4. Teil, 3. Halbbd., 2. Heft, 2. Aufl., Darmstadt 1891, S. 200. – [2] Massy, R. de, Des halles et marchés et du commerce des objets de consommation à Londres et à Paris, Paris 1861. – [3] Hennicke, Mitteilungen über Markthallen in Deutschland, England, Frankreich und Italien, Berlin 1881. – [4] Baukunde des Architekten, Bd. 2, 1. Teil, III., Markthallen, S. 375 ff., Berlin 1897.

Weinbrenner.

Fig. 1.
Fig. 1.
Fig. 2.
Fig. 2.
Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 6 Stuttgart, Leipzig 1908., S. 306-307.
Lizenz:
Faksimiles:
306 | 307
Kategorien:

Buchempfehlung

Prévost d'Exiles, Antoine-François

Manon Lescaut

Manon Lescaut

Der junge Chevalier des Grieux schlägt die vom Vater eingefädelte Karriere als Malteserritter aus und flüchtet mit Manon Lescaut, deren Eltern sie in ein Kloster verbannt hatten, kurzerhand nach Paris. Das junge Paar lebt von Luft und Liebe bis Manon Gefallen an einem anderen findet. Grieux kehrt reumütig in die Obhut seiner Eltern zurück und nimmt das Studium der Theologie auf. Bis er Manon wiedertrifft, ihr verzeiht, und erneut mit ihr durchbrennt. Geldsorgen und Manons Lebenswandel lassen Grieux zum Falschspieler werden, er wird verhaftet, Manon wieder untreu. Schließlich landen beide in Amerika und bauen sich ein neues Leben auf. Bis Manon... »Liebe! Liebe! wirst du es denn nie lernen, mit der Vernunft zusammenzugehen?« schüttelt der Polizist den Kopf, als er Grieux festnimmt und beschreibt damit das zentrale Motiv des berühmten Romans von Antoine François Prévost d'Exiles.

142 Seiten, 8.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Große Erzählungen der Frühromantik

Große Erzählungen der Frühromantik

1799 schreibt Novalis seinen Heinrich von Ofterdingen und schafft mit der blauen Blume, nach der der Jüngling sich sehnt, das Symbol einer der wirkungsmächtigsten Epochen unseres Kulturkreises. Ricarda Huch wird dazu viel später bemerken: »Die blaue Blume ist aber das, was jeder sucht, ohne es selbst zu wissen, nenne man es nun Gott, Ewigkeit oder Liebe.« Diese und fünf weitere große Erzählungen der Frühromantik hat Michael Holzinger für diese Leseausgabe ausgewählt.

396 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon