Metrisches System

[424] Metrisches System, ursprünglich ein natürliches Maßsystem. Es ist hervorgegangen aus den Vorschlägen einer 1791 eingesetzten französischen Kommission, der Borda, Lagrange, Laplace, Monge und Condorcet angehörten. Nach deren späterhin etwas abgeänderten Festsetzungen wird die Einheit der LängeMeter wurde sie genannt – gebildet durch den zehnmillionten Teil des Viertels eines Erdmeridians; sie wird dargestellt durch einen Stab, der bei der Temperatur des schmelzenden Eises seine richtige Länge hat. Die Einheit der Masse sollte diejenige Menge reinen Wassers im Zustande seiner größten Dichte (+ 4° C.), gewogen im luftleeren Raume sein, die in einem Würfel enthalten ist, dessen Seite dem zehnten Teil des Meters gleich ist. Die Masseneinheit wurde als Kilogramm bezeichnet.

Die Länge des Meters wurde auf Grund der Messungen eines Meridianbogenstückes zwischen Dunkerque und Barcelona, die Méchain und Delambre vornahmen, in Verbindung mit den 50 Jahre früher in Peru durch Bouguer und Lacondamine ausgeführten entsprechenden Arbeiten zu 443,296 Pariser Linien ermittelt. Hiernach wurde die Masse eines Kubikdezimeters reinen Wassers größter Dichte durch Lefèvre-Gineau festgestellt. Die Ergebnisse der langwierigen Unterteilungen wurden von van Swinden und Tralles abgeleitet und sind in dem von Delambre redigierten dreibändigen Werke »Base du système métrique décimal« niedergelegt. Am 12. Juli 1799 wurden dem französischen Staatsarchiv ein Platinstab und ein Platinzylinder als Verkörperungen des Meters und des Kilogramms übergeben. Dieses mètre des archives und kilogramme des archives wurden zu Grundeinheiten des metrischen Systems erklärt.

Hiermit war der unmittelbare Anschluß der Längeneinheit an die Abmessungen des Erdkörpers und mit ihm das ursprüngliche metrische System schon aufgegeben. Eine weitere Abänderung erfuhr dieses, als der Zusammenhang zwischen der Längeneinheit und der Gewichts-(Massen-)Einheit aufgehoben und durch die Bestimmung ersetzt wurde, daß das Meter die Einheit der Länge, das Kilogramm aber die Einheit der Masse bilden solle (vgl. Meter und Kilogramm). Endlich wurden noch die alten Verkörperungen der beiden Einheiten im Jahre 1889 durch die neuen internationalen Prototype ersetzt (s. Meter und Kilogramm).

Ein Hauptvorteil des metrischen Systems besteht darin, daß es auf keines der alten Landessysteme zurückgreift, indessen hätte dieser Vorzug allein ihm kaum eine allgemeine Verbreitung verschafft, wenn nicht sein streng systematischer, auf das Dezimalsystem fußender Aufbau hinzuträte. Für Länge wie für Masse sind die Vielfachen durch aufeinander folgende Multiplikation, die Unterabteilungen durch aufeinanderfolgende Division mit 10 gebildet. Bei den Bezeichnungen bildet für die Länge das Meter, für die Masse das Gramm die Grundlage; die Vielfachen werden durch Vorsetzung griechischer, die Teile durch Vorsetzung lateinischer Zahlwörter benannt.

Schon bald nach Ingebrauchnahme des Archivmeters und des Archivkilogramms zeigte sich, daß man in der Wahl des Materials nicht glücklich gewesen war, da das Platin sich als zu weich erwies, auch war der Querschnitt des Meters zu schwach. Die hieraus sich ergebenden[424] Uebelstände wurden immer größer, je mehr Staaten das metrische System einführten. Auch erwies es sich als ein Uebelstand, daß die Prototype in den Händen einer einzelnen Nation sich befanden. Auf Drängen insbesondere der preußischen Akademie der Wissenschaften wurde daher am 20. Mai 1875 zur internationalen Einigung und zur Vervollkommnung des metrischen Systems die internationale Meterkonvention abgeschlossen, an der sich Deutschland, Oesterreich-Ungarn, Belgien, Brasilien, die Argentinische Konföderation, Dänemark, Spanien, die Vereinigten Staaten von Amerika, die Französische Republik, Italien, die Republik Peru, Portugal, Rußland, Schweden und Norwegen, die Schweizerische Eidgenossenschaft, die Türkei und die Republik Venezuela beteiligten. Später traten Serbien, Rumänien, Großbritannien, Japan, Mexiko und Kanada bei, während Brasilien und die Türkei zurückgetreten sind.

Auf Grund der Konvention wurde mit dem Sitze in Sevre (Pavillon de Breteuil) ein internationales Maß- und Gewichtsbureau begründet, dessen Hauptaufgabe in der Aufbewahrung der internationalen Prototype des Meters und des Kilogramms und in der Vergleichung und Beglaubigung der neuen nationalen Prototype mit den internationalen besteht. Das internationale Bureau steht unter der Leitung und Aufsicht eines internationalen Komitees für Maß und Gewicht, das seinerseits unter der Autorität einer aus Delegierten aller vertragschließenden Regierungen zusammengesetzten Generalkonferenz für Maß und Gewicht gestellt ist. Präsident des internationalen Komitees ist zurzeit der frühere Direktor der Berliner Sternwarte Förster.

Plato.

Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 6 Stuttgart, Leipzig 1908., S. 424-425.
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