Natriumoxydhydrat

[586] Natriumoxydhydrat (Natriumhydroxyd, Aetznatron, Natronhydrat, kurzweg Natron), NaOH, eine nach dem Schmelzen weiße, undurchsichtige, spröde, kristallinische Masse vom spez. Gew. 2,00–2,13, welche unter Rotglühhitze schmilzt, äußerst hygroskopisch ist, an feuchter Luft unter Aufnahme von Kohlensäure und Bildung von Natriumkarbonat zerfließt und sich in 0,47 Teilen H2O unter Wärmeentwicklung löst.

Die Lösung, Natronlauge, Aetznatronlauge, Aetzlauge, ist farblos, ätzend und zeigt das chemische Verhalten der Kalilauge (s. Kaliumoxydhydrat). Natronlauge setzt beim Abkühlen unter 0° verschiedene Hydrate ab, wie 2NaOH + 7H2O, 2NaOH + 3H2O. Ueber noch weitere Hydrate s. [1]. In chemischer Beziehung gleicht das Natriumoxydhydrat vollständig dem Kaliumoxydhydrat. Ein besonders reines Aetznatron entsteht durch Zersetzung von Wasser vermittelst metallischen Natriums oder durch Umsetzung von Soda mit Kalk oder Natriumsulfat und Barytlauge. Technisch wird Natriumhydroxyd als Nebenprodukt beim Leblancschen Sodaprozeß aus der roten Mutterlauge (Rotlauge) gewonnen, welche nach dem Auskristallisieren der Soda zurückbleibt und neben Aetznatron noch verschiedene Natriumsalze, Schwefel- und Cyanverbindungen enthält. Durch Oxydation entweder an der Luft oder mit Chlorkalk bezw. Natriumnitrit werden die lästigen Schwefelverbindungen und das Eisen, die andern Verunreinigungen durch Eindampfen entfernt und das schließlich zurückbleibende Aetznatron bei so niedriger Temperatur in eisernen Kesseln geschmolzen, daß nur das Natron schmilzt, die noch vorhandenen Salze, wie Chlornatrium, Natriumkarbonat, Natriumsulfat, Calciumkarbonat und Aluminiumsilikat, aber ungeschmolzen bleiben. Dann wird das Natron als klare Flüssigkeit abgegossen und entweder in Stangen gegossen oder nach dem Erkalten in Stücke zerschlagen und in den Handel gebracht (Natrium causticum siccum fusum). Zur Darstellung von Aetznatron aus der technischen Soda sind eine Reihe von Verfahren bekannt geworden, welche meist auf der Einwirkung von Eisenoxyd auf geschmolzene Soda beruhen. Ueber die zahlreichen Methoden, welche zur Erzeugung von Aetznatron durch Elektrolyse von wässerigen Kochsalzlösungen in Vorschlag gebracht worden sind und die heute mehr und mehr die andern Prozesse verdrängen, s. [2]. Natriumoxydhydrat wird in großen Mengen in der Seifenfabrikation verbraucht und im übrigen wie das Aetzkali verwendet, vor dem es seines billigen Preises wegen den Vorzug hat.


Literatur: [1] Dammer, Handbuch der anorgan. Chemie, Stuttgart 1894, Bd. 2, 2. Teil, S. 116. – [2] Ahrens, Handbuch der Elektrochemie, 2. Aufl., Stuttgart 1903, S. 403 ff.

(W. Kerp) Rathgen.

Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 6 Stuttgart, Leipzig 1908., S. 586.
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