[783] Osmium Os, Atomgew. 19,1, das schwerste Metall, mit dem spez. Gew. 22,48, gehört zur Gruppe der Platinmetalle; s. Platin.
Es ist dem Ruthenium sehr ähnlich und bildet ein graues Pulver. Durch Zusammenschmelzen mit Zinn in einem Kohlentiegel, Herauslösen des Zinns aus der erkalteten Masse mit Salzsäure und Erhitzen des Rückstandes in einem Strom von Chlorwasserstoff wird es in kleinen Würfeln oder stumpfen Rhomboedern kristallisiert erhalten, welche bläulich-weiß mit einem violetten Schimmer und härter als Glas sind. Es ist bis jetzt nicht gelungen, das Osmium zu schmelzen. Bei der Schmelztemperatur des Iridiums verdampft es und setzt sich an einem in den Dampf gebrachten kalten Körper als Ruß ab. An der Luft oxydiert es leicht; beim Glühen verbrennt es zu Osmiumtetroxyd OsO4. Auch durch Salpetersäure und Königswasser oder durch Einwirkung von Chlor bei Gegenwart von Wasser wird es zu dieser Verbindung oxydiert. Dieselbe, auch Ueberosmiumsäureanhydrid oder Osmiumsäure genannt, ist die am meisten charakteristische und beständigste Verbindung des Osmiums. Sie kristallisiert in großen, farblosen Prismen, welche etwas unter 100° schmelzen und bei etwas höherer Temperatur sieden, einen scharfen Geruch besitzen und sich in Wasser mit neutraler Reaktion langsam aber reichlich lösen. Die wässerige Lösung reagiert nicht sauer. Reduktionsmittel scheiden daraus pulverförmiges Osmium ab. Osmiumtetroxyd liefert keine Salze. Seine Dämpfe sind in ganz hervorragendem Maße giftig. Das Osmium kommt in dem sogenannten Platinerz mit Iridium, legiert als Osmiumiridium vor. Bei der Verarbeitung der Platinerze wird es aus flüchtigen Destillaten entweder durch Behandlung mit Quecksilber als Amalgam oder mit Schwefelammonium als Schwefelosmium gewonnen; beide Körper werden dann durch Wasserstoff zu Metall reduziert. Osmium findet in der Glühlampenindustrie Anwendung, indem Osmiumpulver mit organischen Bindemitteln zu Fäden gepreßt wird, die nach der Reduktion in Vakuumbirnen eingeschlossen werden.
Osmiumiridium, welches von Säuren nicht angegriffen wird, wird für Spitzen von Schreibfedern benutzt und ist, da es unbiegsam, unoxydierbar und nichtmagnetisch ist, für Spitzen und Zapfen der Schiffskompasse vorgeschlagen worden. Die Osmiumsäure dient als Härtemittel in der Mikroskopie und zu Injektionen bei epileptischen Anfällen.
Literatur: Dammer, Handbuch der anorgan. Chemie, Stuttgart 1893, Bd. 3, S. 915; Erdmann, Lehrbuch der anorgan. Chemie, 4. Aufl., Braunschweig 1906, S. 732.
(Kerp) Rathgen.
Lueger-1904: Osmium [2]