Ovaldrehbank

[784] Ovaldrehbank oder Ovalwerk ist eine Drehbank (s.d.), durch welche vermittelst einer angebrachten Vorrichtung ein Werkstück derart bewegt wird, daß die Spitze eines festgehaltenen Stichels in bezug auf dasselbe eine Ellipse erzeugt. Durch Veränderung der Lage des Stichels wird das Werkstück von dem Stichel nach Ellipsen umschnitten und in verschiedenen Formen elliptisch abgedreht.

Das Ovalwerk wurde von Leonardo da Vinci erfunden [1] und beruht auf einem in zweckmäßiger Gestaltung ausgeführten Kreuzschleifengetriebe (s. Kreuzkurbelmechanismus). Bewegen sich in Fig. 1 zwei Punkte Φ, Λ einer Harren Strecke resp. auf den Geraden f, l, die z.B. senkrecht aufeinander sind, so beschreibt ein beliebiger, mit der Strecke Φ, Λ verbundener Punkt Σ eine Ellipse s (vgl. Art. Bewegung). Die Führung der beiden Punkte Φ, Λ auf den rechtwinkligen Geraden f, l wird dadurch bewirkt, daß eine Stange Φ, Λ durch die Achsen Φ, Λ drehbar mit den Gleitbacken b, d verbunden ist, die in den Kreuzschlitzen eines Gliedes c gleiten. Wird nun umgekehrt die Strecke resp. das Glied Φ, Λ als fest betrachtet und das Kreuzglied c bewegt, dann stellt Fig. 1 ein Kreuzschleifengetriebe dar, und der jetzt ruhende Punkt Σ beschreibt in bezug auf das bewegte Kreuzglied c jene Ellipse s. Denken wir uns an der Stelle des Punktes Σ die Spitze eines festgehaltenen Stichels, ferner an dem Kreuzgliede c ein Werkstück befestigt, so kann man vermittelst der Stichelspitze in diesem Werkstück eine Ellipse s einschneiden. Wird in Fig. 1 der Gleitbacken d weggenommen und der feste Zapfen Λ, um den sich dieser Gleitbacken d dreht, so erweitert, daß der Schlitz l beiderseits berührend an diesem Zapfen entlang gleitet, dann bleibt der Bewegungsvorgang des Kreuzgliedes c bestehen. In der praktischen Ausführung wird dieses Kreuzschleifengetriebe, bei welchem das Glied d fehlt, entsprechend umgestaltet. Das feste Glied Φ, Λ vertritt das feste Gestell einer Drehbank; das Glied b ist an der Drehbankspindel befestigt, deren Achse Φ senkrecht zur Zeichnungsebene ist. Dieses Glied b ist in Fig. 2 mit einem schwalbenschwanzförmigen Einschnitt versehen, in welchem der entsprechend prismatisch gestaltete Bestandteil des Kreuzgliedes c gleitet. Jener Zapfen Λ in Fig. 1 ist hier in Fig. 2 durch einen um Λ konzentrischen festen Ring λ ersetzt, und jener Schlitz l in Fig. 1 wird hier in Fig. 2 durch die beiden Leisten l', l'', vertreten, welche an den genannten Bestandteil rechtwinklig befestigt sind und mit diesem zusammen das so umgestaltete Kreuzglied c bilden. Bei Drehung der Drehbankspindel Φ und des mit derselben verbundenen Gliedes b gleitet das Prisma c in dem schwalbenschwanzförmigen Einschnitt des rotierenden Gliedes b, und ferner gleiten die Leisten l', l'' des Gliedes c an der zylindrischen Fläche des festen Ringes λ. Das bewegte Kreuzglied c wird mit einer Scheibe versehen, und auf dieser Scheibe wird das Werkstück befestigt. Durch die Spitze Σ eines in verschiedenen Lagen festgehaltenen Stichels wird das Werkstück nach Ellipsen s abgedreht, bei denen die Differenz ihrer Halbachsen gleich der Strecke Φ, Λ ist. Um diese Differenz für verschiedene Werkstücke verändern zu können, ist der Ring λ am Gestell der Drehbank verstellbar, so daß der Abstand des Ringmittelpunktes Λ, von der Spindelachse Φ vergrößert oder verkleinert werden kann [2].[784]


Literatur: [1] Lomazzo, Idea del tempio della pittura, 1590, S. 17; Libri, Histoire des sciences mathématiques en Italie, Paris 1840, Bd. 3, S. 46–47. – [2] Plumier, L'Art de tourner, 1706, S. 89, 114, oder die deutsche Ausgabe 1776, S. 79, 97; Geißler, Der Drechsler 1796, 2. Teil, S. 60, 3. Teil, 2. Abt., S. 42.

Burmester.

Ein konstruktiv durchgebildetes Ovalwerk m in den Fig. 3 und 4 (L. Schuler, Göppingen) dargestellt. Es besteht im wesentlichen aus einer sich drehenden Scheibe a, die direkt mittels Gewinde auf der Drehbankspindel sitzt, und einem auf dieser Scheibe verschiebbaren Schlitten b, welcher mit Schlitzen zur Aufnahme des Arbeitsstückes versehen ist. Mit diesem Schlitten b fest verbunden sind zwei kreisförmig ausgedrehte Rotgußsegmente c, welche einen kreisrunden Führungsring d zwischen sich nehmen und denselben umkreisen, so daß, wenn dieser Ring exzentrisch zur Spindelmitte steht, der Schlitten b mit dem Arbeitsstück bei jeder Umdrehung einmal hin und her geschoben wird, wodurch das feststehende Werkzeug an dem Arbeitsstück längs einer Ellipse wirkt. Der Führungsring d ist mittels Schraube und Mutter verschiebbar auf einer Platte e und diese ist mit dem Spindelstock durch Schrauben starr verbunden. Der Abstand, um welchen das Mittel des Führungsrings aus der Mitte der Drehbank verschoben wird, ist gleich der Differenz der beiden Halbachsen der Ellipse. Sollten sich die Segmente c im Laufe der Zeit merklich abnutzen, so können dieselben jederzeit nachgestellt werden, auch sind die Führungen des Schlittens b nachstellbar. Außer an Drehbänken kommen die Ovalwerke auch an Drückbänken, Kreisscheren, Guillochiermaschinen, Bandsägen u.s.w. zur Anwendung. – Die angegebenen Ovalwerke haben den Uebelstand, daß das Arbeitsstück nicht zentrisch unterstützt werden kann, so daß nur verhältnismäßig kurze Arbeitsstücke bearbeitet werden können; außerdem wird bei größerer Umdrehungszahl der Spindel die Lagerung der Scheibe und die Aufspannung des Arbeitsstücks wegen der auftretenden Zentrifugalkräfte ungünstig beeinflußt. Für solche Fälle ist es daher geboten, dem Arbeitsstück nur eine Drehung um seine Achse zu geben und das Werkzeug mit Hilfe elliptischer Kurvenscheiben (Schablonen) oder besonderer Mechanismen (vgl. Werner, P., Kurvenführungen im Werkzeugmaschinenbau, Berlin 1905; Zeitschr. für Werkzeugmaschinen und Werkzeuge 1901, S. 324) eine hin und her gehende Bewegung in der Art zu verleihen, daß das Werkzeug am Arbeitsstück eine Ellipse beschreibt.

A. Widmaier.

Fig. 1.
Fig. 1.
Fig. 2.
Fig. 2.
Fig. 3 und 4.
Fig. 3 und 4.
Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 6 Stuttgart, Leipzig 1908., S. 784-785.
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784 | 785
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