Pleuelstangenköpfe

[159] Pleuelstangenköpfe sind in der Regel als nachstellbare Lager gebaut, in einzelnen Fällen ist der Kreuzkopfzapfen in dem Ende der Pleuelstange befestigt. Man unterscheidet geschlossene Köpfe (Fig. 13) und offene Köpfe (Fig. 46).

Die geschlossenen Köpfe lassen sich an Kurbelkröpfungen und Gegenkurbeln nicht aufbringen, sondern nur da, wo man sie auf den Zapfen schieben oder im Kreuzkopf den Zapfen durchschieben kann. Wenn der vordere Bund des Kurbelzapfens nicht durch eine angeschraubte Scheibe gebildet wird, läßt sich die eine Lagerschale mit dem Stellkeil erst nach dem Aufschieben einbauen. Damit die Schalen überhaupt eingesetzt werden können, müssen die Randleisten der Schalen an der hinteren, der Kurbel zugekehrten Seite des Kopfes an den beiden Längskanten wegbleiben.[159]

Fig. 1 [1] zeigt ein für beide Köpfe verwendbares Lager, mit Weißgußschalen am Kurbelzapfen. Der über die ganze Breite reichende Keil, mit der Neigung 1 : 5 bis 1 : 8, enthält das Muttergewinde, jedoch nur in einem Teile der Keillänge. Sowohl der Kopf zum Verstellen des Keiles als die Gegenmutter der Schraube sind gesichert. – Die Lokomotivstangenköpfe (Fig. 2) lassen sich nur auf der Stoßmaschine am äußeren Umfang bearbeiten, wie das für den inneren Rand geschieht (vgl. dagegen [6]); doch erschwert der einseitig vor dem Keil stehende Lappen auch diese Arbeit. – Der Querkeil am Kreuzkopfzapfenlager (rechts) erhält meist die Neigung 1 : 4. Zwischen ihm und der Schale liegt eine Beilage von passender, dem Kreuzkopfauge angemessener Länge, doppeltschwalbenschwanzförmig zwischen dachförmigen Flächen. – Fig. 3 hat einfache, gedrehte Form. Die Klemmschraube (links) durchdringt den Keil in einem passend gebohrten Loch, steckt mit dem Ende in einer viereckigen Mutter und ruht mit dem Kopf auf einer Beilage mit Langloch. Der Keil rechts kann bis in die hohle Kapsel unter den Muttern nachgezogen werden.

Das offene Bügellager (Fig. 4) eignet sich nur für langsamen Gang der Maschine, weil es die senkrecht zur Stangenachse wirkenden Kräfte, besonders die mit der Geschwindigkeit wachsenden Fliehkräfte der Stange nicht gut übertragen kann. Es kommt daher bei Pumpen und an Kreuzkopfzapfen, nicht aber an Kurbelzapfen von Dampfmaschinen vor. Durch Weglassung der dem Lager zugekehrten Keilbeilage kann es noch vereinfacht werden. Die äußere Schale ist hier als die nachstellbare anzusehen. Der Keil erhält den Anzug 1 : 10, die Dicke 0,2 bis 0,3 der Kopfbreite. Der Flächendruck zwischen Beilage und Bügelende darf 500 kg/qcm betragen, die Biegungsspannung für die Summe der Widerstandsmomente des Keiles und der Beilagen von Stahl bis 1000 kg/qcm, die des schmiedeeisernen Bügels in seiner Mitte 400 bis 600 kg/qcm. Der Marinekopf ist in Fig. 5 [5] in der älteren Bauart von Penn angegeben, mit Rotgußstücken zwischen dem Stangenende und dem schmiedeeisernen Deckel, wobei außer den Schrauben kurze, runde, axial stehende Zapfen die Seitenkräfte übertragen. Fig. 6 zeigt eine neuere Lagerform. Die Fuge zwischen Stange und Deckel kann auch ohne Verklinkung gerade durchgehen. Die Schrauben, als Parsonsbolzen (s.d.) gezeichnet, erhalten für stehende Maschinen die Muttern auf der Stangenseite (vgl. Bd. 2, S. 605, und Bd. 6, S. 256) [3]. In Fig. 5 und 6 ist die Schraubensicherung nach Penn in verschiedener Ausführung angegeben.

Ueber die gegabelte Endigung der Pleuelstange s. Gabel, Bd. 4, S. 232. Die unter Pleuelstangen, Fig. 1 rechts, dargestellte Gabel ist für Bügellager bestimmt. Auch die Marineköpfe kommen paarweise an Gabelenden vor. Bei Lokomotiven sind offene Stangenlager mit verdübeltem Einsatzstück in ähnlicher Bauart gebräuchlich, wie sie das Mittellager der Kuppelstange, Bd. 5, S. 792, Fig. 3 zeigt.

Die Nachstellung der beiden Stangenlager soll, der Regel nach, in gleicher Richtung erfolgen, um die Stangenlänge unverändert zu erhalten. Wegen der Ungleichheit der Abnutzung beider Lager und mit Rücksicht auf die Nachstellung am Kurbelwellenlager darf oder muß man oft von dieser Regel abweichen. Je geringer der Spielraum des Kolbens in seinen Endstellungen ist, um so sorgfältiger ist die mögliche Verschiebung durch die Abnutzungen aller drei Lager zu beachten. Nimmt man die Stärke einer neuen Lagerschale (s.d.) von Rotguß (Fig. 6) in[160] der Stangenachse zu 0,06 d + 6 mm für d mm Zapfenstärke an und die Stärke einer abgenutzten Schale zu 0,04 d + 4 mm, so beträgt die Verschiebung des Zapfens zur Stange 0,02 d + 2 mm, während für die Nachstellung, die Keilverschiebung, im ganzen 0,04 d + 4 mm vorzusehen ist.

Bei der Berechnung ist darauf zu sehen, daß kein Querschnitt über 300 kg/qcm Zug- oder Druckspannung für Schmiedeeisen, bezw. 400 für Stahl, erfährt, daß die Bügelformen die entziehenden Biegungsmomente ebensogut ertragen [2], und daß scharfe Uebergänge vermieden bleiben. Die Schrauben aus zähem Stahl erhalten 300–500 kg/qcm Zugspannung im Kern und werden, sofern sie einen Keil anzuziehen haben, bei der Keilneigung 1 : 5, für ein Fünftel der Stangenkraft als Schraubenzugkraft berechnet [5].


Literatur: [1] Zeitschr. d. Ver. deutsch. Ing. 1890, S. 934. – [2] Ebend., 1899, S. 1205 (Bruch am Kopfansatz). – [3] Ebend., 1902, S. 993 (Stange für eine gekröpfte Lokomotivtreibachse). – [4] Ebend., 1906, S. 1707 (Oelzuführung). – [5] Ebend., 1891, S. 428; vgl. Kreuzköpfe, Bd. 5, S. 695 u. 696. – [6] Zeitschr. d. Ver. deutsch. Ing. 1906, S. 1276.

Lindner.

Fig. 1.
Fig. 1.
Fig. 2.
Fig. 2.
Fig. 3.
Fig. 3.
Fig. 4.
Fig. 4.
Fig. 5.
Fig. 5.
Fig. 6.
Fig. 6.
Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 7 Stuttgart, Leipzig 1909., S. 159-161.
Lizenz:
Faksimiles:
159 | 160 | 161
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