[894] Wegeschranken, Abschlußvorrichtungen, um bei Weg- und Straßenkreuzungen in Schienenhöhe das Ueberschreiten der Gleise bei Bahnen mit stärkerem Verkehr und größerer Fahrgeschwindigkeit von Fußgängern, Fuhrwerken, Vieh u.s.w. während des Passierens der Züge abzuhalten.
Die Wegübergänge und Straßenkreuzungen sind, wenn tunlich, senkrecht oder jedenfalls nicht mit kleinerem Winkel als 30° über die Gleise zu führen. Im allgemeinen sollen die Schranken die ganze Breite der Straße oder des Weges abschließen. Die Entfernung der Schlagbäume von der Mitte des Nachbargleises ist bei den einzelnen Bahnverwaltungen sehr verschieden, sie variiert von 2,3 bis 18,8 m, je nachdem davon ausgegangen wird, daß ein eingeschlossenes Fuhrwerk noch innerhalb der Schranken und der Umgrenzung des lichten Raumes Platz finden soll oder nicht. Nach den Beschlüssen der XIII. Technikerversammlung 1903 wird ein größerer Abstand als 3 m nicht empfohlen, weil der Gefahrraum dadurch größer ist, daß die Einschließung von Fuhrwerken erhöht wird; auch ist die Schranke derart einzurichten, daß ein Oeffnen ohne Zutun des Wärters möglich ist [1]. Bei Bahnen niederer Ordnung (Lokalbahnen, Vizinalbahnen, Kleinbahnen), auf welchen Züge von geringer Fahrgeschwindigkeit verkehren, kann die Wegabsperrung unterbleiben. Man unterscheidet Wegeschranken, welche an Ort und Stelle von dem Wärter mittels Hand bedient oder aus der Entfernung mittels eines Drahtzuges oder einer elektrischen Leitung geöffnet oder geschlossen werden, oder daß die Schranken durch die Züge selbsttätig bedient werden; in letzteren Fällen sind die Schranken mit einer Glocke zu versehen, die vor dem Sperren der Schranken zu läuten ist; es empfiehlt sich, diese Glocke selbsttätig einzurichten und die Abschlußvorrichtungen, solange die Schranken geschlossen sind, zu erleuchten. Beide Arten von Wegeschranken sind, um das Durchkriechen zu verhindern, nötigenfalls mit bis an den Boden reichenden Drahtgittern oder leichten Gehängen zu versehen. Bei Wegübergängen, die von schweren Fuhrwerken befahren werden, sollten nur Handschranken angewendet werden, damit bei Anständen der Wärter sogleich eingreifen kann. Bei Schranken, die auch mit der Hand geöffnet oder geschlossen werden können, wird die Anbringung eines Signals empfohlen, welches dem bedienenden Wärter anzeigt, daß die geschlossene Zugschranke von Hand geöffnet wird [2]. Abgesehen von der Art der Bedienung werden die Schranken in Ketten-, Einlege-, Schiebe-, Dreh- und Schlagschranken eingeteilt.
1. Die gewöhnliche Kettenschranke wird an einem Ständer befestigt und an dem gegenüberliegenden Ständer zum Zwecke der Absperrung zeitweilig vom Wärter eingehängt. Kettenschranken werden auch zur Bedienung von der Entfernung mittels Drahtzuges eingerichtet, durch welchen die Kette angespannt wird, so daß sie beim Nachlassen des Drahtzuges mit Beihilfe von Gewichten sich in eine in der Straße hergestellte Rinne einlegt.
2. Die Einlegeschranke für Wege bis 5 m Weite besteht aus einer Absperrstange, die an einem Ende mit der Barrieresäule mit einem Eisengelenke befestigt und in die gegenüberliegende Säule eingehängt oder in einem Eisenbügel eingelegt wird.
3. Die Schiebeschranke für Wege bis 5 m Breite besteht aus einer runden Absperrstange von Holz, die der Längenrichtung nach zum Verschieben eingerichtet ist und bei offener Schranke in einem Schutzkasten ruht; bei abgesperrter Straße wird die Stange auf einem gegenüberliegenden Ständer aufgelegt. Bei größeren Straßenbreiten wird statt der sich leicht durchbiegenden Stange ein hölzerner oder eiserner, auf Rollen laufender leichter Gitterträger angewendet; auch werden für die Absperrung vollständige Gitterwände verwendet, die bis an die Straßenoberfläche reichen und auf einem daselbst versenkt liegenden Schienenstrang auf Laufrollen verschoben werden.
4. Drehschranken bestehen bei Straßenbreiten bis zu 6 m aus einem Schlagbaum mit Gegengewicht oder bei Straßenbreiten bis 8 m aus einem ein- oder zweiflügeligen Tore, welches sich beim Oeffnen oder Schließen um eine senkrechte Achse dreht. Drehschranken um eine horizontale Achse mit Gegengewicht lassen sich besonders rasch öffnen oder schließen und nehmen bei ihrer Bewegung in senkrechter Ebene wenig Raum in Anspruch.
5. Drahtzugschranken werden dort, wo kein Wärter in unmittelbarer Nähe ist, von der Ferne aus bedient; dieselben sind in Bd. 3, S. 45 eingehend beschrieben.
Die Detailkonstruktionen der Wegeschranken werden in der Regel von den betreffenden Bahnverwaltungen vorgeschrieben, so daß hierauf verwiesen werden kann. In letzterer Zeit wurde bei Hauptbahnen die mangelhafte Holzkonstruktion aufgegeben, und man ist zur solideren Eisenkonstruktion aus Schmiede- und Fassoneisen, insbesondere aus konisch genieteten Blechröhren übergegangen. Auch werden bei einigen Bahnen zu den Ständern und Barrieren alte, im Gleise nicht mehr verwendbare Eisenbahnschienen und als Schlagbäume unbrauchbare eiserne Lokomotivfeuerrohre oder neue ineinandergesteckte gezogene eiserne Rohre verwendet. Zum Schlusse sind noch die sogenannten Seitenschranken (Nebentüren) für Fußgänger anzuführen, um an belebten Uebergängen das Ueberschreiten der Kreuzungsstelle durch Personen kurz vor Ankunft des Zuges, während des Abschlusses der Straße, welcher wegen der Fuhrwerke schon[894] früher erfolgen muß, noch zu gestatten. Solche Seitenschranken werden gewöhnlich derart ausgeführt, daß sich dieselben hinter jeder Person schließen, Tieren aber den Durchgang möglichst verhindern. Außer den bekannten Drehkreuzen, Drehstock, Triller, Tourniquets u.s.w., welche nur unvollständig entsprechen, kommen gitterförmige Drehschranken vor, welche durch eine entsprechende Neigung ihrer Drehachse zufallen und vom Wärter verschlossen werden können. Eine andre Art sind die Portillons, bestehend aus zwei im rechten Winkel zueinander gestellte Gittertüren, die sich um eine gemeinschaftliche Achse drehen, ebenfalls von selbst zufallen und vom Wärter abgeschlossen werden können. Als zweckmäßigste Abschlußvorrichtungen werden die Guichets (Schlupfpforten) angesehen, bei welchen der Fußgänger gezwungen ist, in einen abgegrenzten kleinen Raum einzutreten und hinter sich die Türe zu schließen, um auf die entgegengesetzte Seite austreten zu können. S.a. Läutewerke.
Literatur: [1] Dreizehnter Ergänzungsband »Fortschritte der Technik des Eisenbahnwesens in den letzten Jahren«, nach den Beschlüssen der Technikerversammlung 1903, Wiesbaden; Wegeschranken mit Bewegungsfreiheit, Zentralbl. der Bauverwalt. Nr. 19, 1901. [2] Handbuch für spezielle Eisenbahntechnik, Bd. 1, Leipzig 1870, in welchem mehrere Literaturangaben enthalten sind; Becker, Handb. der Ingenieurwissensch. 1882; Rölls Enzyklopädie, Bd. 1, Wien 1890; Technische Vereinbarungen über den Bau und die Betriebseinrichtungen der Haupt- und Nebeneisenbahnen, dann der Grundzüge für den Bau und die Betriebseinrichtungen der Lokaleisenbahnen, herausgegeben von der geschäftsführenden Verwaltung des Vereins deutscher Eisenbahnverwalt., Berlin 1897; Tscherton, Der Eisenbahnbau, Wiesbaden 1899; Warnungsläutewerke für unbewachte Wegübergänge, Zentralbl. der Bauverwalt. Nr. 84, 1900; Sicherung von Bahnübergängen, Glasers Annalen Nr. 626, 1903; Scholkmann, Neuerungen an Wegschranken, ebend., Bd. 52, 1903; Stöckl, Karl, Wegschranken bei Eisenbahnen, Wochenschr. für den öffentlichen Baudienst, Wien 1902; Marr, Durch den vorüberfahrenden Zug bewegte Wegschranken, Organ f. d. Fortschr. d. Eisenbahnw., Wiesbaden 1904; Wittfeld, Selbsttätige Zugschranke, Zeitschr. f. Arch. u. Ingenieurw., ebend. 1904; Beiträge zur Ausbildung von Drahtzugschranken, ebend. 1904; Herzog, S., Elektrisch betriebene selbsttätige Bahnschranke, Elektrotechnik und Maschinenbau, Wien 1907; Selbsttätige Sicherheitseinrichtung »Oerlikon« für Niveauübergänge von elektrischen Bahnen, Patent Zehnder, Deutsche Straßen- und Kleinbahnztg., Berlin 1908, Nr. 21; Hand- und Zugschranken System Waldner, Technische Blätter, Prag 1905.
Ziffer.
Lueger-1904: Wegeschranken [2]