Zollbehandlung [1]

[1009] Zollbehandlung der Güter- und Gepäckstücke auf Eisenbahnen erfordert technische Einrichtungen in den baulichen Anlagen und an den Eisenbahnwagen.

Aus dem Auslande kommende zollpflichtige Güter werden entweder auf dem Grenzeingangsbahnhof untersucht und verzollt, oder sie gehen unter Raum- oder Kolloverschluß nach dem Inlandsbahnhof, auf dem sie zur endgültigen Abfertigung oder Weitersendung unter Zollverschluß gelangen, bezw. nach einer zollfreien Niederlage, oder endlich, wenn sie zur Durchfuhr bestimmt sind, gehen sie unter Zollverschluß bis zum Grenzausgangsbahnhof, wo der Verschluß abgenommen und sie unter Aufsicht der Zollverwaltung aus dem Zollinland ausgeführt werden. Die für den Raumverschluß der Wagen an diesen erforderlichen Einrichtungen sind für die an dem internationalen Eisenbahnverkehr vollspuriger Bahnen beteiligten Länder einheitlich festgesetzt durch die Vorschriften über die zollsichere Einrichtung der Eisenbahnwagen im internationalen Verkehr (s. Bd. 3, S. 280). Zum Verschluß der Wagen dienen Zollschlösser und -bleie.

Zur zollamtlichen Abfertigung der Güter sind Anlagen auf den Grenzeingangsbahnhöfen und auf den mit Abfertigungsbefugnis ausgestatteten Bahnhöfen des Binnenlandes erforderlich. Zur Abfertigung der Stückgüter dienen Zollschuppen, die entweder von den gewöhnlichen Güterschuppen abgeteilt bezw. an sie angebaut sind, oder besondere Gebäude bilden. Die Zollschuppen unterscheiden sich in der Einrichtung nicht wesentlich von den gewöhnlichen Güterschuppen (s. Güterbahnhöfe). Die Anordnung von Innengleisen ermöglicht die Abfertigung unter Verschluß, empfiehlt sich daher namentlich für besondere Zollschuppen. Außer den zur Untersuchung und einstweiligen Lagerung der Güter dienenden Schuppenräumen, die mit Wagen auszustatten sind, und in die in der Regel Buden für die Zollbeamten eingebaut werden, sind Bureau- und Kassenräume für die Zollverwaltung und für die Deklarationsbeamten der Eisenbahnverwaltung erforderlich. Diese Bureau- und Kassenräume werden oft zugleich für die abzufertigenden Wagenladungsgüter mitbenutzt. Die Anlagen für deren Abfertigung beschränken sich in der Regel auf Gleiswagen nebst Wiegehäuschen, zu denen bei größeren Anlagen wohl Brücken oder Bühnen (Kanzeln) treten, von denen aus die Zollbeamten den Inhalt der offenen Eisenbahnwagen überblicken können. Für die Einfuhr von Tieren sind besondere Einrichtungen, auch wegen der veterinärpolizeilichen Untersuchung, erforderlich.

Das Reisegepäck wird in der Regel auf dem Grenzeingangsbahnhof untersucht, bisweilen bei bevorzugten Zügen während der Fahrt. Soweit aufgegebenes Gepäck nach einem Orte des Inlandes, an dem sich eine Gepäckzollabfertigungsstelle befindet, oder darüber hinaus bestimmt ist, kann es ohne Untersuchung an der Grenze dieser Zollabfertigungsstelle zugeführt werden. Zur Durchfuhr bestimmtes aufgegebenes Gepäck wird in der Regel nicht untersucht.

Der Grenzeingangsbahnhof ist mit einem Revisionssaal nebst anschließenden Bureauräumen ausgestattet, der von allen aus dem Auslande ankommenden Reisenden, die Gepäck haben, zu durchschreiten ist. Dorthin wird das aufgegebene Gepäck von Bahnbediensteten gebracht. Die Untersuchung dieses und des Handgepäcks findet in der Regel auf langen Tischen statt, zu deren einer Seite die Reisenden, zur andern die Zollbeamten sich befinden. Das Handgepäck wird häufig, soweit es nicht zollpflichtige Gegenstände enthält und soweit kein Zugwechsel stattfindet, in dem haltenden Zuge von den Zug entlang gehenden Zollbeamten untersucht. Zur Verminderung der Anlagekosten und Vereinfachung des Betriebes wird oft auf Grund eines Staatsvertrages für zwei aneinander grenzende Staaten eine gemeinsame Zollstation (internationale Station) in einem der beiden Staaten angelegt (Basel, Luino, Chiasso, Salzburg u.s.w.). Diese enthält dann besondere Revisionssäle für beide Zollverwaltungen, bei geringem Verkehr auch wohl einen gemeinsamen Revisionssaal, der abwechselnd von beiden Verwaltungen benutzt wird. Falls Zugwechsel an der Grenze erforderlich, findet er auf solchem Bahnhof statt.

Cauer.

Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 8 Stuttgart, Leipzig 1910., S. 1009.
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