II. Huldervolk.1

[2] Sie sind von grossem Wuchse, die Kleider sind ganz grau, das Haar schwarz; ihre Wohnsitze sind in Hügeln, sie heissen auch Elfen [álvar]; ein »Elfenhügel« ist auf Norđstreymoy, südlich von Vík (Huldorsvík). Sie leben wie andere Leute, rudern aus, haben Schafe und Rinder, welche unter den anderen Rindern auf der Weide herumgehen. Die Huldern können sich selbst und das, was sie besitzen, für Menschen unsichtbar machen, und deshalb sagt man oft von etwas, das man vermisst, dass die Hulder es versteckt hat. Sie nehmen gern kleine Kinder, die ungetauft sind, aus der Wiege und legen dafür die ihrigen in dieselbe, aber diese werden dann Dummköpfe [Wechselbälge]2 unter den Menschen. Oft verschwinden kleine Kinder, welche draussen allein gehen, und da ist es das Huldervolk, das mit ihnen davon gefahren ist; sie werden zuweilen weite Wegstrecken entfernt von den Wohnsitzen wieder gefunden und haben dann erzählt, dass ein grosser Mann ihnen Speise gebracht habe, während sie fort waren. Die Huldermädchen fassen oft Liebe zu Kristenburschen und versuchen daher sie zu verführen und an sich zu ziehen. Gehen diese hinaus in die Öde und sind durstig und müde, so öffnet sich der Hügel und eine Jungfrau kommt heraus, um ihnen einen Trunk zu bieten, Bier oder Milch; blasen sie da nicht den Schaum von oben ab, so trinken sie sich Vergessenheit, denn in ihm liegt der Zauber, und damit verzaubern sie sie, bekommen Gewalt über sie und nehmen sie mit sich in den Elfenhügel.

1

wörtlich: die Verhüllten (huldufólk); ich habe die bekanntere norwegische Form (en hulder) gewählt.

2

das färöische bytlingur bedeutet beides.

Quelle:
Jiriczek, Otto L.: Færöerische Märchen und Sagen. In: Zeitschrift für Volkskunde 2 (1892) 1-24, 142-165, Berlin: A. Asher & Co, S. 2.
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