[74] 158. Irrlichter zu Dalheim.

Auf dem Wege von Dalheim nach Waldbredimus, im Ort genannt »in den Weihern«, erschienen früher häufig Irrlichter, von den Leuten Traulîchter genannt. Ein Traulîcht wurde eines Nachts so groß, daß es schien, als stehe ein großer Weidenbaum in Feuer; es flog hinüber nach Märzkirchen.

In einem Hause nahe bei den Weihern wurde den Winter über eine Ucht (abendliche Versammlung benachbarter Spinnerinnen) gehalten. Gegen zehn Uhr begab sich ein Mädchen vor das Haus und gewahrte ein Traulîcht. Ihre Genossinnen riefen ihr zu, sie solle ja nichts sagen; doch das mutwillige Mädchen ließ sich nicht warnen und rief:


Traulît, mîr lît, dîr lît!

Lît an d'Huowerstre'!

Daß dékh der Hôl erschle'!1
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Doch sieh, da kam das Traulîcht herangeflogen, so schnell, daß das Mädchen kaum rechtzeitig ins Haus flüchten konnte; auf die rasch zugeworfene Tür fiel ein schwerer Schlag.


J.B. Klein, Pfarrer zu Dalheim

1

Irrlicht! Mir leuchte! Dir leuchte! Leuchte ins Haferstroh! Daß dich der Donnerkeil erschlage! – Gredt, 1. Aufl., übersetzt Hôl mit Holla; siehe diese Stichwörter im Motiv- und Sachregister.

Quelle:
Gredt, Nikolaus: Sagenschatz des Luxemburger Landes 1. Neudruck Esch-Alzette: Kremer-Muller & Cie, 1963, S. 74-75.
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