38. Das belehrte Weib

[267] Ein armes Ehepaar redete einmal bei übriger Zeit vom Essen. Besonders meinte unter anderem auch das Weib, wie gut es doch wäre, wenn sie auch einmal guten Schafkäse essen könnten. »Das wäre ja nicht unmöglich«, meinte der Mann[267] darauf, »es kostet ja nicht so viel!« Das Weib solle nur gehen und irgendwo soviel Geld entlehnen, welches sie dann mit Spinnen wieder abverdienen könne. »Ja«, sagte jene, »das wäre schon gut, aber jetzt ist es Winter, die Tage sind kurz, und ich müßte wohl acht Tage lang spinnen, um so viel zu verdienen.« – »Das heißt ja nicht so viel!« entgegnete der Mann wieder, »du säßest ja dabei im Schatten!« – »Ei« meinte jene, »es wäre ja überhaupt viel gescheiter, wir würden mit der Arbeit warten bis zum Sommer, wo du dann mit der Sense in Arbeit gingest und das bißchen Geld in einem Tag abverdienen könntest.« – »Wo denkst du hin, Weib!«, sprach der Mann hierauf entrüstet: »Mähen ist ja doch die schwerste Arbeit, die es gibt. Das wäre nicht klug!« – Da lachte und spottete das Weib und meinte: »Ja, für die faulen Männer wohl! Wenn aber einer recht will, so ist einen Tag die Sense schwingen nicht mehr für ihn, als für den Hund mit dem Schwanz zu wedeln.«

Diese Rede verdroß den Mann sehr, er ließ sichs aber nicht merken, sondern sagte nur, daß er also im Sommer mit der Sense die Schuld abverdienen wolle. Und da war das Weib zufrieden, ging und entlehnte bei einem vermögenden Nachbar so viel Geld, daß sie für sich und ihren Mann eine Aka1 Schafkäse kaufen konnte.

Im Sommer, als es Zeit war, Heu zu mähen, ging nun der Mann, die kleine Schuld, die er und sein Weib im Winter gemacht hatten, abzuverdienen. Hatten sie aber damals den Schafkäse miteinander gegessen, so sollte jetzt das Weib auch an der Arbeit teilnehmen, weshalb er sie mit sich rief, um hinter ihm her Kumpf und Wetzstein zu halten, weil es ihm unbequem war, sie im Gürtel stecken zu haben, wie es wohl sonst üblich ist. So huben sie ihr Tagwerk an. Jene, welcher die Zeit bald lang wurde, wollte sich setzen, als aber der Mann es sah, rief er[268] sogleich um den Wetzstein, und sie mußte hingehen, ihm denselben zu bringen. Sooft sich so das Weib den Tag über setzen wollte, sooft rief der Mann um den Wetzstein, worüber sich jene endlich bitter beschwerte und klagte, wie schwer und sauer ihr das unaufhörliche Stehen werde! – »Ah!« rief nun der Mann, »du fandest im Winter das Mähen so leicht, als wenn der Hund mit dem Schwanz wedelt, und nun beklagst du dich über das Stehen allein ohne Arbeit und meinst, es nicht mehr aushalten zu können! Was soll ich erst sagen, der ich auch den ganzen Tag auf den Beinen bin und dazu die Arme mit der Sense nicht schonen darf!«

1

Aka – Okka: Hohl- und Gewichtsmaß (1,52 l oder 1272 g)

Quelle:
Schott, Arthur und Albert: Rumänische Volkserzählungen aus dem Banat. Bukarest: Kriterion, 1975, S. 267-269.
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