730. So lauf dem Bösen zu.

[166] Noch vor wenigen Jahren besassen Jostä-Chaspis zu Küpfen in der Gemeinde Spiringen unter andern Schafen einen »Chilber« (junges weibliches Schaf, das noch nie geworfen), der am Abend beim Eintreiben nur mit Gewalt in den Stall zu bringen war. Man wird begreifen, dass der Bauer dabei »mängisch ä chly g'flamänderet1 het« und sich einmal sogar zu dem Ausdruck verstieg: »So lauf dem Bösen zu!« Das Vieh scheint sich das zu Herzen genommen zu haben; es läuft davon, abwärts dem Schächen zu, über den Steg und verschwindet bei Einbruch der Dunkelheit im Erlengebüsch auf der Schwand. Seitdem hat es kein Mensch mehr zu Gesicht bekommen.


Daniel Imholz, 50 J. alt, Unterschächen.


Fußnoten

1 flamändere, im Schächental euphemistisch für fluchen.

Quelle:
Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945, S. 166.
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