1000. In einem Berg

[10] im Meiental hirtete eines Abends, äss syg äso meugels1 gsy, eine von Sisikon stammende Frau die Kühe. Da sah sie einen Mann bergab kommen, barfuss, in blauen Hosen, weissem Hemd, mit nur einem Hosenträger. Der kam in den Stall hinein und setzte sich stillschweigend auf den Barnen. Sie fing ein Gespräch mit ihm an und fragte ihn, was ihm fehle, aber nicht, wer er sei, oder woher er komme, oder wie ihm zu helfen wäre. Er sagte, es fehlen ihm noch fünf Messen zur Erlösung, und sie versprach ihm, dafür zu sorgen, dass er sie bekomme. Als auch ihr Ehegatte in den Stall kam, fragte sie ihn, ob er den dort auf dem Barnen auch sehe, aber er erklärte, nichts von selbem zu gewahren. – Das het sy sälber v'rzellt; summ hennd're s'gläubt, summ nitt. Friähner het mä so eppis vill v'rzellt, weder jetz glaubt-mes nimmä.


Katharina Gamma, 50 Jahre alt, Wassen.


Fußnoten

1 dämmerig.

Quelle:
Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945, S. 10.
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