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[179] Die freiersleute fragen, nachdem sie angekommen sind, den vater des mädchens also:
»Ich bin als brautwerber gekommen; wir wollen verwandtschaft schliessen. Ich halte ja um deine tochter an! Was sagst du denn dazu?«[182]
»Aber meine tochter ist ja noch klein! Ich will noch nicht meine tochter geben.«
»Aber, schwiegerväterchen, du wirst doch nicht ewig deine tochter zu hause halten! Jemandem wirst du sie doch geben!«
»Meine tochter ist aber noch klein!«
»Nu, schwiegerväterchen, sei doch gut gesinnt! Ich will ja verwandtschaft schliessen!«
»Ich weiss ja nicht, was die familie sagt!«
Der vater fragt die mutter:
»Was sagst du nun? Wirst du schon den branntwein deiner tochter trinken?«1
»Ich trinke noch nicht; meine tochter ist noch klein. Man kann sie noch nicht geben!«
»Nu, schwiegermütterchen«, sagt der freiersmann, »mache nicht schwierigkeiten, trinke nur mit leichtem sinne! Wohlan doch!«
»Ich trinke noch nicht, nein, nein!«
Darauf überlegt der vater vor sich selbst: ›Jeman dem muss das mädchen gegeben werden; zu hause kannst du sie nicht ewig halten‹, und sagt:
»Bringt her, nehmt brot hervor! Setzt es auf den tisch!«
Der brautwerber schenkt seinen branntwein ein und giebt dem vater. Der vater trinkt und betet:
»Mag sie glücklich werden! Lass uns verwandtschaft schliessen!«
Auch die mutter trinkt den branntwein. Darauf giebt sie (vom branntwein) den familiengliedern:
»Nun, meine töchter und söhne, jetzt trinke ich schon den branntwein eurer schwester!«
Darauf laden sie den taufvater ein. Zu ihm sagt der vater:
»Nun, väterchen! Ich habe schon den branntwein deiner patin getrunken!«[183]
Der taufvater trinkt den branntwein und ladet (die familie) zu sich. Dort essen und trinken sie und kehren darauf nach dem hause des (künftigen) schwiegervaters zurück.
Darauf giebt man dem brautwerber geschenke: ein kopftuch und ein kopfzeug. Die brautwerber essen und kehren darauf nach hause zurück.
Am folgenden tage kommt der brautwerber und fragt:
»Wann werden wir denn die verabredung vollführen?«
Der vater sagt:
»Komm jenen tag!«
An jenem tage kommen die verabreder, zwei oder drei, und erkundigen sich nach dem brautgeld. Man giebt das brautgeld an. Wenn die braut keine geschenke hat, nimmt man zehn rubel; wenn sie aber viel geschenke hat, nimmt man dreissig oder fünfunddreissig rubel.
Darauf ladet man die verabreder, die freunde, die verwandten und die angehörigen zum gastmahl ein. Die verabreder bringen branntwein, brot, (allerlei) speisen und getränke, gebäcke und eine gans, und man isst, trinkt und singt. Nachdem man gegessen und getrunken hat, giebt man den verabredern geschenke: dem bräutigam giebt man einen gürtel und einen geldbeutel, dem brautwerber giebt man ein hemd; unter den im hause (des bräutigams) befindlichen familiengliedern kommt jedem etwas zu, z.b. ein tuch oder ein hemd. Man giebt seine geschenke nach vermögen. Nachdem die geschenke gegeben sind, fahren die brautwerber weg. Man begleitet sie mit gesang.
Am tage nach der verabredung geht der ältere bruder der (künftigen) jungen frau um den brautwerber mit branntwein aufzuwecken. Dort isst und trinkt man.
Darauf kommt die hochzeit. Am ausgesetzten tage kommen die hochzeitsleute (von seiten des bräutigams) in grosser menge, dreissig, vierzig zusammen, um die braut zu holen. Nach der ankunft gehen sie zu dem (künftigen) schwiegervater hinein. Nachdem sie eingetreten sind, essen, trinken und singen sie. Die angekommenen (eig. die holenden) frauen singen:
[184]
»Warum kamen wir?
Zu essen, zu trinken kamen wir.
Eine woche vorher habe ich die füsse bekleidet,
drei tage vorher habe ich die kleider angezogen«.
Darauf singen die genossinnen der braut:
»Die schmutzigen jȋžgurt'ier sind gekommen,
mit ungewaschenen gesichtern sind sie gekommen,
sie sind nicht menschen ähnlich:
die füsse haben sie unbekleidet gelassen,
die kleider haben sie nicht angezogen!«
Darauf holen sie die braut aus einem anderen (nachbar-) hause nach ihrem eigenen hause. Die genossinnen der braut singen, während sie diese von dem anderen hause führen, also:
»O, du mein lieber flur, mein flur!
O, du mein lieber hof, mein hof!
O, du mein liebes haus, mein haus!
O, du mein lieber vater, mein vater!
O, du meine liebe mutter, meine mutter!
O, du mein lieber älterer bruder, mein älterer bruder!
O, du meine schwägerin, meine schwägerin!
O, du meine liebe ältere schwester, meine ältere schwester!
O, du mein lieber schwager, mein schwager!«
Die braut wird verschleiert. Darauf fällt die braut weinend ihrer mutter und ihrem vater zu füssen. Der vater und die mutter geben dem bräutigam und ihrer tochter (einige) kupfermünzen, und dann singen die genossinnen der braut also:
»Ich bat dich um (einige) kopeken, um in den bazar zu gehen,
›Wir haben keine kopeken‹! sagtet ihr (damals).
Für diesen tag hattet ihr wohl kopeken!
Als ich hier (zu hause) war, erbarmtet ihr euch meiner nicht,
wenn ich aber weggezogen bin, werdet ihr euch meiner schon erbarmen.[185]
›Steh früh auf, Arina!‹ sagtet ihr,
›Geh spät zu bett, Arina!‹ sagtet ihr.
Von nun an werdet ihr sie nicht mehr rufen!«
Darauf führen sie die tochter (braut) hinaus und setzen sie in das fuhrwerk. Der bräutigam fährt allein, die übrigen in wagen. Die hochzeitsleute kehren nach hause zurück. Nachdem sie nach hause gelangt sind, streichelt die braut, ehe sie (in's haus) hineingeführt wird, die kuh, welche ihr als mitgift gegeben ist. Nachdem man hineingegangen ist, isst, trinkt, tanzt und singt man mit begleitung der sackpfeife.
Darauf, am abend, führt man den bräutigam und die braut um sie in's bett zu legen. Man legt sie in's bett und lässt sie da. Darauf kommen noch am abend die begleiter (der braut). Man geht mit gesang und sackpfeifenspiele den begleitern entgegen. Nach der ankunft der begleiter isst, trinkt und schläft man.
Am morgen steht man auf und geht in die badestube um zu baden, zuerst die begleiter, dann der bräutigam und die braut. Die braut verstärkt die hitze und kehrt (dann) zurück. Nach dem bade wandern die begleiter von haus zu haus trinkend und essend, singend und tanzend. Darauf kehren sie zum schwiegervater (d.h. zum vater der jungen frau) zurück. Dort giebt man dann den begleitern geschenke: jedem giebt man ein hemd. Darauf kehren die begleiter nach hause zurück.
Am dritten tage führt man die braut und den bräutigam (zum fluss) hinab um sie »in's wassertreten« zu lassen. Da wirft die braut ein brotränftchen und butter (in's wasser). Sie opfert dem wasser und spricht:
»Die mutter Wasser mag unsere herde nicht erschrecken, verschüchtern! Mag sie (die herde) gut bewahren!
Sie schöpft (aus dem fluss) wasser soviel wie man mit einem schulterjoch tragen kann (eig. ein schulterjoch wasser) und bringt es nach hause hinauf. Darauf bäckt sie fladen. Nachdem man die fladen gegessen hat, kehrt sie die stube. Als sie die stube gekehrt hat, tanzt man. Dann ist die hochzeit aus.
1 | Wenn die eltern vom branntwein, welchen der brautwerber mitgebracht hat, trinken, wird es als zeichen der einwilligung betrachtet. |
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