Agiotage

[172] Agiotage (franz., spr. āschiotāsch') nennt man den Betrieb von Spekulationsgeschäften, die lediglich aus Preisschwankungen im Geld-, Waren- und Effektengeschäft Vorteil zu ziehen suchen, namentlich solche Spekulationen, die sich unsolider und selbst unredlicher Mittel, wie der Verbreitung falscher Gerüchte, Scheinoperationen, trügerischer Reklame etc. bedienen, um die Kurse künstlich zu treiben und zu drücken. Die A. ist also in diesem Sinne gleichbedeutend mit dem Betrieb verwerflicher Differenzgeschäfte und wird deswegen auch oft schlechthin als Wind- und Schwindelhandel (in England stock-jobbery) bezeichnet. Für die Zwecke der A. vorzüglich geeignet sind diejenigen an der Börse gehandelten Gegenstände, deren Preise häufigen Schwankungen unterliegen (Aktien neugegründeter Unternehmungen, die sogen. »internationalen« Papiere etc., Waren mit stark wechselnder Produktion oder Zufuhr, wie Getreide, Spiritus, Petroleum etc.). Der Agioteur, in Paris Coulissier (s. Kulisse), in London Jobber (s. d.) genannt, d.h. derjenige, welcher sich an der Börse gewerbsmäßig der A. widmet, hat um so mehr Hoffnung auf Gewinn, je mehr er durch großen Kapitalbesitz in den Stand gesetzt ist, die Kurse zu beherrschen und die Masse der kleinen Börsenspieler durch wirkliche Käufe und Verkäufe in solche Bewegung zu setzen, die den eignen im geheimen betriebenen Absichten am günstigsten sind. Gegen die A. richtet sich das Börsengesetz von 1896, das den Börsenterminhandel in verschiedenen Wertpapieren und in Getreide und Mühlenfabrikaten untersagt, sowie die Rechtsprechung, die in neuester Zeit Differenzgeschäfte als nicht klagbar erklärt. Vgl. Differenzgeschäfte.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 1. Leipzig 1905, S. 172.
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