[274] Preis (lat. pretium) ist allgemein der Gegenwert, der für Erlangung eines Gutes gegeben werden muß; im Tauschverkehr insbes. die Menge von Gütern und Leistungen, die als Gegengabe gegen andre dienen. Beim Naturaltausch ist jede der ausgetauschten Waren, bez. Leistungen der P. der andern, in der Geldwirtschaft dagegen bildet die Summe des zu zahlenden Geldes den P. des erkauften Gutes. Der P. einer Ware hängt ab von Angebot und Nachfrage und schwankt, je nachdem diese Faktoren sich ändern. Da aber beim Tausch jede der beiden Parteien gewinnen, keine verlieren will, so wird es in jedem gegebenen Fall zwei Grenzen, eine oberste und eine unterste, geben, über die der P. sich nicht hinaus bewegt. Die oberste wird bestimmt durch den Wert, den der Nachfragende dem einzutauschenden Gegenstand überhaupt und in Rücksicht auf sein verfügbares Vermögen beilegt, die unterste durch die Produktionskosten, indem der Anbietende auf die Dauer im P. mindestens den Aufwand an Sachgütern und Arbeitsleistungen, den er auf die zum Austausch bestimmten Güter verwenden mußte, wird ersetzt erhalten müssen. Soll der erstere zu viel geben, so verzichtet er auf den Kauf, und der Verkäufer behält den Gegenstand, für den ihm zu wenig geboten wird. Zwischen beiden würde der P. je nach der Gunst oder Ungunst der obwaltenden Verhältnisse zu liegen kommen. In der Gesellschaft regelt sich der P. durch die Konkurrenz, indem mehrere Käufer und Verkäufer einander gegen übertreten. Erstere werden ihren Bedarf da zu decken suchen, wo er am billigsten ist, letztere ihre Ware da anzubringen sich bestreben, wo sie am höchsten bezahlt wird. Infolgedessen wird auf jedem Markt zu gegebener Zeit für eine Ware sich nur ein P. bilden. Entscheidend werden aber als unterste Grenze des Preises immer die Produktionskosten sein. Wenn alle Produzenten annähernd gleiche Produktionskosten haben und die Produktion beliebig ausdehnen können, so wird der P. nur vorübergehend sich erheblich über die Produktionskosten einschließlich Kapital- und Arbeitsvergütung stellen können, da größere Gewinne bald zu einer Vermehrung des Angebots und damit zu einem Sinken des Preises führen werden. Anderseits kann der P. nicht auf die Dauer unter die Produktionskosten sinken, da sonst die Produzenten Verluste erleiden und die Produktion einstellen oder ein schränken müssen, was wieder eine Verminderung des Angebots und ein Steigen der Preise bewirken würde. Man pflegt diesen die Produktionskosten einschließlich Kapital- und Arbeitsaufwand deckenden P. als natürlichen P. zu bezeichnen, um den der Marktpreis je nach den augenblicklichen Verhältnissen von Angebot und Nachfrage zu schwanken pflegt. Nun sind aber die Erzeugungskosten nicht bei allen Produzenten immer gleich hoch. Werden Waren, die nur mit steigenden Kosten vermehrt werden können, in steigendem Maße begehrt (nimmt z. B. der Bedarf an Getreide so zu, daß auch die unfruchtbarern Grundstücke in Anbau genommen werden müssen), so ist der natürliche P. gleich den Kosten, welche die unter den ungünstigsten Verhältnissen arbeitenden, aber für die Versorgung der Nachfrage noch notwendigen Produzenten aufzuwenden haben. In diesem Falle machen die unter günstigern Verhältnissen arbeitenden Produzenten einen höhern Gewinn. Der Gewinn, den diejenigen Unternehmer, die mit geringern Kosten arbeiten, erzielen, hat also insofern einen monopolistischen Charakter, als er eine Wirkung des beschränkten Vorhandenseins der billigern Produktionsmittel ist. Ob die Preise sich immer in der den Verhältnissen entsprechenden Weise regeln, ist freilich zweifelhaft; denn darüber entscheiden nicht nur die oben erwähnten Faktoren, sondern die persönlichen Verhältnisse der Anbietenden und Nachfragenden bestimmte Zwecke, die sie verfolgen, und andres, was eine wirklich freie Konkurrenz ausschließt. Täuschungen über die Lage des Marktes, das offensichtlich zur Schau getragene Bestreben, bestimmte Güter zu erwerben oder zu veräußern, drängende Notlagen, Reklamezwecke, charitative Absichten werden in vielen Fällen Preise bewirken, die nicht der wirklichen Marktlage entsprechen. So wird insbes. bei den Kleinhandels- oder Detailpreisen die ausgleichende Wirkung von Angebot und Nachfrage niemals in gleich starkem Maße sich geltend machen wie bei den Großhandels- und Engrospreisen. Unter Monopolpreis versteht man ganz allgemein einen solchen, bei dem das Angebot der Nachfrage gegenüber relativ begrenzt ist und deswegen der P. erheblich über den Kosten steht. Dieser kann sich ebensogut im freien Verkehr bilden wie auch absichtlich hervorgerufen werden (s. Monopol). Der Gegensatz zu ihm ist der Schleuder-, Spott- oder Notpreis, der den Herstellungsaufwand nicht erreicht und ebenfalls sowohl die Wirkung künstlicher Ursachen (Privilegium der Käufer, Zwang gegen den Verkäufer etc.) als auch natürlicher (Unhaltbarkeit der Waren, lange Produktionsdauer, Furcht, Panik etc.) sein kann. Not- und Monopolpreise werden durch technische Verbesserungen (Konservierungsmittel, Transportwesen), Entwickelung von Handel und Verkehr, Verbreitung wirtschaftlicher Kenntnisse mit steigender Kultur auf ein immer engeres Gebiet begrenzt. Ist der P. eines Gutes hoch im Vergleich mit demjenigen von Gütern gleicher Art, so nennt man das Gut teuer, im entgegengesetzten Fall ist es billig oder wohlfeil. Affektions- oder Liebhaberpreise nennt man die besonders hohen Preise, die einzelne aus persönlichen Gründen zahlen oder zu zahlen geneigt sind (vgl. Affektionswert). Die zeitliche Preisbewegung (Steigen oder Sinken mit Schwankungen) nimmt bei verschiedenen Gütern einen verschiedenen Verlauf (viele landwirtschaftliche Erzeugnisse und Immobilien gegenüber Artikeln der Industrie). Der Preissteigerung der einen Gattung steht gewöhnlich eine Preiserniedrigung[274] der andern gegenüber. Die Preise aller Waren und Leistungen können gleichzeitig in gleicher Richtung sich nur ändern, wenn auf seiten des Geldes eine Änderung eintritt. Kommen in kurzer Frist, wie z. B. im 16. Jahrh., verhältnismäßig große Massen edlen Metalls in den Verkehr, so ist die Folge hiervon eine allgemeine Preiserhöhung mit starker Verschiebung der Preisverhältnisse untereinander. Ein solcher Zustand heißt Preisrevolution. Vgl. Wasserrab, Preise und Krisen (Stuttg. 1889); Auspitz und Lieben, Untersuchungen über die Theorie des Preises (Leipz. 1889); Zuckerkandl, Zur Theorie des Preises (das. 1889); Schönhof, History of money and prices (das. 1896); Schmoller, Einige prinzipielle Erörterungen über Wert und P. (Berl. 1901); Lexis, Artikel »Preis« im »Handwörterbuch der Staatswissenschaften«, Bd. 6 (2. Aufl., Jena 1901), und die dort angegebene Literatur.