Bailli

[279] Bailli (franz., spr. bajĭ; engl. Bailiff, lat. Bajŭlus oder Ballīvus, ital. Baïlo, griech. Bajŭlos), im allgemeinen soviel wie Vorsteher. Am griechischen Kaiserhof zu Konstantinopel hieß der Oberaufseher der kaiserlichen Kinder Bajulos. Denselben Titel scheint daselbst auch der Vorsteher der fremden Kaufleute geführt zu haben, den die Venezianer zu ernennen hatten, und von dem der Titel Baïlo (s. d.) auf den venezianischen Gesandten daselbst übergegangen sein mag. Die acht Großwürdenträger des Johanniterordens (s. d.), die den Geheimen Rat bildeten, hießen Ballivi conventuales. In Frankreich waren die königlichen Baillis früher zugleich Anführer des Heerbanns, Domänenverwalter und Richter in dem ihnen zugewiesenen Bezirk; später enthob man den königlichen B. der beiden letztern Funktionen, weshalb er nun B. d'épée hieß. Später waren die Baillis nur noch Unterrichter, häufig ungebildete Menschen und daher auf der Bühne stehende Figuren beamtlicher Anmaßung und Bestechlichkeit. In England bezeichnete man seit Wilhelm I. mit dem Namen Bailiff die Vorsteher der Grafschaften (ballivae). Die jetzigen englischen Balliffs sind eine Art Gerichtsdiener, und nur in einigen Städten führt der oberste Beamte noch den Titel Bailiff, wie auch Verwalter großer Landgüter so genannt werden.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 2. Leipzig 1905, S. 279.
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