Bannrecht

[354] Bannrecht (Zwangs- u. Bannrecht, Banngerechtigkeit), eine Gewerbegerechtigkeit, wonach die Einwohner eines Bezirks (Bannbezirk, Bannmeile) verpflichtet sind, Bedürfnisse einer bestimmten Art nur durch den Bannberechtigten befriedigen, z. B. Getreide nur in einer bestimmten Mühle mahlen zu lassen. Zu den zahlreichen Bannrechten gehörte unter anderm der Bier- oder Brauzwang, vermöge dessen nicht bloß innerhalb eines gewissen Bezirks keine andre Brauerei errichtet werden durfte, sondern auch alle Schenk- und Gastwirte, bisweilen selbst alle Privatpersonen gehalten waren, ihr Bier nur von dem Berechtigten um einen bestimmten Preis zu beziehen. Ein ähnliches Recht übten hier und da Kellereien in Bezug auf den Weinverbrauch eines gewissen Bezirks aus, und analog ist der Kelterzwang (Weinkelterbann) oder das Recht, von den Weinbauern eines gewissen Bezirks zu fordern, daß sie ihre Trauben auf der Bannkelter keltern oder wenigstens die festgesetzte Abgabe (Kelterwein) dafür entrichten. Am allgemeinsten verbreitet war der Mühl oder Mahlzwang, wonach Einwohner eines gewissen Bezirks ihre Früchte auf einer bestimmten Mühle (Bannmühle) mahlen mußten. Ebenso gab es auch hier und da einen Branntweinzwang, Fleischzwang, Schmiedezwang, Zwangsbleichen, einen Backofenzwang, Bannweinschank etc. (Banngewerbe). Die Bannrechte hatten in dem Machtgebote der kleinern oder größern Zwingherren oder in dem Aufsichtsrechte der Landesoder Grundherren über das Gewerbewesen ihren Grund oder wurden durch Vertrag geschaffen. Die neuere Gesetzgebung hat zumeist alle diese Bannrechte, als mit dem Grundsatz der Gewerbefreiheit in Widerspruch stehend, teils gegen Entschädigung der Berechtigten, teils ohne solche beseitigt. Endlich hat die deutsche Gewerbeordnung bestimmt, daß alle Zwangs- und Bannrechte, soweit sie noch nicht durch die Gesetzgebungen der einzelnen Staaten beseitigt waren, für aufgehoben[354] gelten oder doch, wie insbes. die ausschließliche Abdeckereiberechtigung, der Ablösung unterliegen sollten. Die nähern Bestimmungen über diese Ablösung sind der Landesgesetzgebung vorbehalten. Die Bannrechte in den nicht unter die Gewerbeordnung fallenden Gewerben (§ 6) sind meist durch Landesgesetze beseitigt. Als moderne Bannrechte kann man die Kehrbezirke der Schornsteinfeger (s. d.) bezeichnen. Nach Art. 74 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften über Zwangs- und Bannrechte unberührt. In Österreich sind von den ehemaligen Bannrechten die wichtigsten längst aufgehoben. In einzelnen Kronländern erhielten sich jedoch noch sogen. obrigkeitliche Gewerberechte (jura dominicalia) oder Propinationsrechte. Die revidierte österreichische Gewerbeordnung vom 15. März 1883 erklärt für die noch bestehenden Propinations- und Mühlenrechte die bisherigen Vorschriften für maßgebend. Deren Änderung ist Gegenstand der Landesgesetzgebung. Neuerlich wurden in den einzelnen Kronländern die Propinationsrechte gegen Entschädigung aufgehoben. Letztere erfolgt aus einem Propinationsfonds, gebildet aus Abgaben derjenigen, die in den nächsten 20 Jahren die Erzeugung von Propinationsgetränken unternehmen.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 2. Leipzig 1905, S. 354-355.
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