Besserungsanstalten

[759] Besserungsanstalten (Korrektionsanstalten), öffentliche oder auch Privatanstalten, die zur Aufnahme von Verbrechern und verwahrlosten Personen (Korrigenden) mit dem Hauptzwecke nicht der Bestrafung, sondern der Erziehung dienen. Dergleichen Anstalten sind entweder polizeiliche Besserungsstrafanstalten, die neben der Bestrafung zugleich die sittliche Besserung der Sträflinge bezwecken (vgl. Arbeitshäuser), oder Wohltätigkeitsanstalten für sittlich gesunkene Personen überhaupt, wie Vagabunden, Trunkenbolde, Arbeitsscheue, Dirnen etc. (s. Asyl), sowie für entlassene Sträflinge, die darin zur Arbeit angehalten und an geordnete Lebensführung gewöhnt werden sollen, oder Besserungs- und Erziehungshäuser für verwahrloste jugendliche Personen. Besonders wichtig sind unter sozialpolitischem und volkswirtschaftlichem Gesichtspunkt diese letztern. Früher fast ausschließlich Privat-, besonders Vereinsanstalten (s. Rettungshäuser), werden seit dem Vorgang Belgiens (1847) derartige B. für die verwahrloste oder bereits verbrecherische Jugend (Enfance abandonnée und E. coupable) mehr und mehr von Staats wegen wie von größern Städten und sonstigen Verbänden (Provinzen) begründet oder unterstützt. Nach dem deutschen Strafgesetzbuch (§ 55, 56) können Unerwachsene im Alter zwischen 12 und 18 Jahren, die trotz begangener Straftat wegen mangelnder Geistesreife freigesprochen wurden, durch richterliches Urteil einer Erziehungs- und Besserungsanstalt für so lange überwiesen werden, wie es die der Anstalt vorgesetzte Verwaltungsbehörde für erforderlich erachtet (jedoch nicht über das vollendete 20. Lebensjahr). Für Kinder unter 12 Jahren kann bei begangener Straftat nur auf derartige Unterbringung erkannt werden. Nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch (§ 1666, 1838) darf auch ohne vorangegangene Straftat diese Maßregel von der Vormundschaftsbehörde verfügt werden, wenn sie wegen des sittlichen Zustandes im Elternhaus oder sonst drohendes sittliches Verderbens geboten erscheint. Das Nähere zu bestimmen ist der Landesgesetzgebung überlassen (preußisches Gesetz über die Fürsorgeerziehung Minderjähriger vom 2. Juli 1900). Ähnliche Vorschriften kennt auch die österreichische, englische und französische Gesetzgebung. Vgl. Gefängniswesen, Jugendliche Verbrecher, Rettungshäuser, Zwangserziehung.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 2. Leipzig 1905, S. 759.
Lizenz:
Faksimiles:
Kategorien: