Blutschande

[99] Blutschande (lat. Incestus, Inzest), der Beischlaf zwischen nahe verwandten oder verschwägerten Personen. Dieser ist bei allen Kulturvölkern aus sittlichen und sozialpolitischen Gründen für strafbar erklärt worden, denn die Geschlechtsgemeinschaftzwischen nahe verwandten Personen schädigt die Reinheit und das sittliche Wesen der Familie und des verwandtschaftlichen Verkehrs, auch fürchtet man vielfach, daß sie zur Degeneration der Nachkommenschaft führt. Das deutsche Reichsstrafgesetzbuch (§ 173) bestraft den Beischlaf zwischen Verwandten auf- und absteigender Linie, also namentlich zwischen Eltern und Kindern (schwere B.), an den erstern mit Zuchthaus bis zu 5, an den letztern, als den nach Reife, Stellung und Einfluß minder strafwürdigen, mit Gefängnis bis zu 2 Jahren, wobei aber vorausgesetzt wird, daß der zu Bestrafende das verwandtschaftliche Verhältnis gekannt hat. Dieselbe Voraussetzung gilt für die sogen. einfache B., die in dem Beischlaf zwischen Verschwägerten in auf- und absteigender Linie (Schwiegereltern und Schwiegerkindern, Stiefeltern und Stiefkindern) oder zwischen Geschwistern besteht und mit Gefängnis bis zu 2 Jahren bestraft werden soll. Für beide Arten der B. gilt übrigens die Bestimmung, daß der Verwandte oder Verschwägerte absteigender Linie straflos bleiben soll, wenn er das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hatte.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 3. Leipzig 1905, S. 99.
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