[98] Chorstühle (Chorgestühl), in Kloster- und Stiftskirchen die zu beiden Seiten des Hohen Chors befindlichen hölzernen Sitzreihen für die Geistlichkeit, gewöhnlich zu zwei Reihen hintereinander, so daß die hintere Reihe eine Stufe höher liegt. Die vordere Sitzreihe ist durch eine Brustwehr mit den darauf befindlichen Betpulten nach dem Chor zu abgegrenzt und jeder einzelne Sitz durch eine Scheidewand von dem benachbarten Sitz getrennt. Die Sitze sind an der untern Seite mit den sogen. Miserikordien, kleinen, konsolenartigen Vorsprüngen, auf die sich der Geistliche während des vorgeschriebenen Stehens stützen kann, versehen. Die Rückseite der hintern Sitzreihe pflegt meist von einem Baldachin überragt zu sein, der an beiden Enden von einer hohen Stirnwand getragen wird. Vom 14. Jahrh. an bis zur Renaissance wurden die C. mit Schnitzereien verziert, die teils biblischen Inhalts sind, teils auch das bürgerliche Leben wie das Leben der Geistlichen in ernster und satirischer Auffassung schildern, häufig auch Darstellungen aus der Tierfabel und Tiersymbolik enthalten. Künstlerisch besonders ausgezeichnet sind die C. im Münster zu Ulm (146974, von Jörg Syrlin dem ältern), in der Hospitalkirche zu Stuttgart, der Stephanskirche zu Wien, der Stiftskirche zu Herrenberg, in San Domenico zu Bologna, im Dom zu Siena, in San Giorgio Maggiore zu Venedig u. a. Auch in französischen und englischen Kirchen finden sich wertvolle C. Die Form eines Chorstuhls aus der französischen Frührenaissance veranschaulicht Fig. 7 auf Tafel »Möbel I«.