Erstickung

[78] Erstickung (Suffocatio), Todesart, die durch Entziehung atembarer Luft bewirkt wird. Sobald nämlich kein Sauerstoff mehr in die Lungen gelangt, nimmt das Blut infolge Überladung mit der nun nicht mehr ausgeschiedenen Kohlensäure dunkle, dünnflüssige Beschaffenheit an, häuft sich in den Lungen, dem rechten Herzen, den Körpervenen und dem Gehirn und lähmt dessen Tätigkeit (Betäubung) wie die des verlängerten Markes, der Atmungs- und Herznerven, worauf der Tod erfolgt. E. tritt ein, wenn die äußere Luft verhindert wird, in die Lungen zu gelangen, z. B. durch Erdrosseln, durch Verstopfung der Luftwege und Lungen durch Flüssigkeiten, wie beim Ertrinken (s.d.) und beim Lungenödem oder Stickfluß, oder wenn statt der atmosphärischen Luft ein andres sauerstoffloses oder direkt giftiges Gas eingeatmet wird. Wird die E. durch Unterbrechung der Luftzufuhr herbeigeführt, so treten nach einem kurzen Stadium der Angst und der vergeblichen Anstrengung, Luft herbeizuschaffen, rasch Schwindel und Schwere des Kopfes, sehr bald auch völlige Besinnungslosigkeit und allgemeine Krämpfe ein; es folgt ein Stadium des Scheintodes, und nach einigen schnappenden Atembewegungen tritt der wirkliche Tod ein; am längsten schlägt das Herz, beim Menschen 3–9 Minuten nach Abschneidung der Luftzufuhr. Luftschiffer, die eine Höhe erreichen, in der die Atmosphäre nicht mehr genügenden Sauerstoff enthält, nehmen einen Vorrat von Sauerstoff mit, um ihn in großer Höhe zu verbrauchen. An dem Leichnam der Erstickten ist die äußere Haut blaurot, namentlich am Gesicht. Die Organe sind mit dunkelm, dünnflüssigem Blut erfüllt, das keine Neigung zur Gerinnung zeigt. Die Blutmasse ist vorzugsweise in den großen Venen und im rechten Herzen angehäuft. Belebungsversuche bei Erstickten sind oft von Erfolg. Die erste Sorge muß dahin gerichtet sein, womöglich das Hindernis für freie Respiration (eventuell durch Tracheotomie) zu beseitigen; deshalb ist die Mund- und Rachenhöhle alsbald genau darauf zu untersuchen. Handelt es sich um E. durch irrespirable Gasarten, so ist der Scheintote alsbald in gesunde Luft zu bringen. Das Wichtigste ist die Einleitung der künstlichen Atmung (s. Unfall). Daneben mag man Reibungen der Haut und andre Reizmittel anwenden. Sauerstoffzufuhr wird man im gegebenen Moment wohl nur gelegentlich durch Zufall anzuwenden in der Lage sein. Vgl. Esmarch, Die erste Hilfe bei plötzlichen Unglücksfällen (18. Aufl., Leipz. 1902); Straßmann, Lehrbuch der gerichtlichen Medizin (Stuttg. 1895).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 6. Leipzig 1906, S. 78.
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