Unfall

[892] Unfall (griech. Trauma), in der Medizin eine zu vorübergehender oder dauernder Gesundheitsschädigung führende Einwirkung äußerer Gewalten auf den Körper. Unfälle können erzeugt werden durch alle den Körper direkt verwundenden Gewalteinwirkungen, durch Gifte, durch hohe und niedere Temperaturen, elektrische Ströme, Erschütterungen, Luftdruckschwankungen etc. Unfälle spielen einer große Rolle als Krankheitsursachen, und ihre Wichtigkeit wird noch erhöht durch die staatliche und private Unfallversicherung. (Vgl. Unfallheilkunde.) Plötzlich eintretende Unfälle machen oft rasches Eingreifen zur Abwendung von Gefahren für Gesundheit und Leben erforderlich. Starke Blutung erfordert Anlegung eines auf die Wunde pressenden Druckverbandes, bei Verletzung einer größern Schlagader, die sich durch pulsierendes Spritzen des Blutes kundgibt, muß die zuführende Schlagader (an den Gliedmaßen oberhalb der Wunde) mittels Fingerdruck oder durch sehr starke Umschnürung mit Binden verschlossen werden (s. Blutung). Bei Atemstillstand, der bei Ertrinkenden, bei vielen Vergiftungen, Einatmung von Rauch und von giftigen Gasen, bei Erdrosselten, Erhängten und bei Einwirkungen starker elektrischer Ströme vorkommt, muß künstliche Atmung vorgenommen werden. Während ein Gehilfe die Zunge des Verunglückten kräftig hervorzieht, führt man dessen neben der Brust ausgestreckte Arme nach oben, so daß die Ellbogen neben den Schädel zu liegen kommen, sodann neben die Brust zurück,[892] indem man sie gleichzeitig kräftig gegen die Seiten andrückt, wobei der Gehilfe auch noch die Magengegend kräftig nach oben drücken kann. Nach einer kurzen Pause wird dies wiederholt, so daß in einer Minute etwa 15 derartige Atmungen ausgeführt werden. Bei Vergiftungen ist es oft möglich, durch reichliches Trinken lauwarmen Wassers und Kitzeln des Schlundes Erbrechen und damit teilweise Entleerung genossenen Giftes herbeizuführen. Bei Knochenbrüchen muß das gebrochene Glied sicher und möglichst unbeweglich gelagert werden, hierzu dient ein Schienenverband, der durch gut gepolsterte Span- oder Pappeschienen, die längs des Gliedes angelegt und durch spiralig gewickelte Binden festgehalten werden, hergestellt wird. Beiplötzlicher Ohnmacht müssen beengende Kleidungsstücke gelöst werden, die Körperlage ist am besten wagerecht, die mangelhafte Atmungs- und Kreislauftätigkeit muß durch Reiben der Haut, Bespritzen mit kaltem Wasser und ähnliches angeregt werden. Vgl. Artikel »Rettungswesen« und Esmarch, Die erste Hilfe bei plötzlichen Unglücksfällen (21. Aufl., Leipz. 1906); G. Meyer, Erste ärztliche Hilfe bei plötzlichen Erkrankungen und Unfällen (mit Bergmann, Liebreich, Gerhardt und Martin, 2. Aufl., Berl. 1905).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 19. Leipzig 1909, S. 892-893.
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