Etsch

[143] Etsch (ital. Adige, bei den Römern Athesis), Fluß in Südtirol und Oberitalien, entspringt 1571 m[143] ü. M. östlich vom Sattel des Reschenscheideck in Tirol, der ihr Stromgebiet von dem des Inn scheidet, durchfließt den Reschensee, den Mitter- und Haidersee und gelangt mit raschem Gefälle in südlicher Richtung auf die Malser Heide und in die ebene Talsohle von Glurns (907 m). Bis hierher reicht das Quertal des Obervintschgaues. Sich östlich wendend, betritt die E. dann das breite, stellenweise versumpfte Längental des Untervintschgaues. Bei Meran (305 m), wo der Untervintschgau mit einem plötzlichen Abfall von 200 m endigt und die wilde Passer mündet, wendet sie sich nach SO. und betritt den fruchtbaren Talkessel des Mutterländchens und des Bozener Bodens. Bei Bozen nimmt sie, durch den wasserreichen Eisack verstärkt, südliche Richtung an und erhält weiter an größern Zuflüssen den Noce und Avisio. 6 km unterhalb Rovereto wird der gartenähnliche Talboden der E., der hier Val Lagarina (Lägertal) heißt, durch das Trümmermeer eines furchtbaren Bergsturzes, der sich 883 ereignet haben soll, die sogen. Slavini di Marco, unterbrochen. (Vgl. Schneller, Südtirolische Landschaften, 2. Reihe: Das Lägertal, Innsbr. 1900.) Bei Borghetto geht der Strom nach Italien über, wälzt sich dann zwischen den senkrechten Wänden der Veroneser Klause (Chiusa di Verona) hindurch und tritt nun in die Ebene, wo er südöstliche, dann östliche Richtung einschlägt. Die flachen Ufer werden sumpfig, der Strom selbst schlammig und träge. Der Unterlauf der E. ist mehrfach mit dem Po in seinem Mündungsgebiet verbunden. Von ihr geht bei Legnago ein Kanal nach S. zum Tartaro; ein zweiter, südlich gerichteter Arm geht von der E. bei Castagnaro ab und vereinigt sich gleichfalls mit dem Tartaro, der von da an Canale Bianco heißt; ein dritter, der Naviglio Adigetto, zweigt bei Badia nach SO. ab und vereinigt sich im Po-Delta mit dem Po di Levante, dem von der E. auch noch der Canale di Loreo zufließt. Die E. selbst mündet in das Adriatische Meer bei Porto Fossone. Die Länge der E. beträgt 415 km, wovon 220 auf Tirol kommen und 297 schiffbar sind. Das Etschtal war von jeher eine Hauptstraße für Völkerwanderungen und Eroberungszüge (Cimbern). Jetzt führt die Eisenbahn durch das Tal von Verona bis Bozen und Meran, dann weiter am Eisack über den Brenner nach Nordtirol.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 6. Leipzig 1906, S. 143-144.
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