Cimbern

[152] Cimbern und Teutonen, zwei germanische Völker, die als die ersten Germanen mit den Römern in Berührung kamen. Die Cimbern (Kimbern, d. h. Kämpfer) verließen ihre Wohnsitze auf der Jütischen Halbinsel (der Cimbrischen Chersonesus) infolge einer verheerenden Sturmflut, wandten sich, wie erzählt wird, nach dem Schwarzen Meer und stießen auf dem Rückweg auf die in Böhmen wohnenden Bojer, von denen sie gegen Süden gedrängt wurden. So erschienen sie 113 v. Chr. in der römischen Provinz Noricum (Kärnten und Krain) und verlangten von dem Prokonsul Cn. Papirius Carbo Land. Dieser suchte sich ihrer durch Hinterlist zu entledigen, wurde aber bei Noreja (Neumarkt) von ihnen völlig geschlagen. Dennoch wandten sich die Cimbern wieder nach Norden, umgingen die Alpen, zogen aus der jetzigen Schweiz helvetische Stämme, die Tiguriner und Tougener, sowie die Ambronen (s.d.) an sich, vereinigten sich am Rhein mit den Teutonen, die ebenfalls auf der Jütischen Halbinsel gewohnt (auch Teutonovarier [Dithmarschen] werden als Bewohner der südlichen Jütischen Halbinsel genannt), gleichzeitig mit den Cimbern ihre Heimat verlassen und vielleicht auch an der Schlacht bei Noreja teilgenommen hatten, und plünderten nun vereinigt, 300,000 streitbare Männer, das Land zwischen Rhone und Pyrenäen. Die Römer suchten sie aufzuhalten; aber 109 wurde der Konsul M. Junius Silanus, 108 der Konsul M. Aurelius Scaurus und 107 der Konsul L. Cassius Longinus von ihnen geschlagen. Zwar eroberte 106 der Konsul Qu. Servilius Cäpio Tolosa wieder, ward aber mit seinem Kollegen Cn. Mallius Maximus 6. Okt. 105 bei Arausio (Orange) gänzlich geschlagen, wobei 80,000 Römer umgekommen sein sollen. Daher entstand in Rom der seitdem sprichwörtlich gewordene »cimbrische Schrecken« (terror cimbricus), und 104 wurde Marius (s.d.), der soeben den Jugurthinischen Krieg glücklich beendigt hatte, zum Konsul und Feldherrn gewählt. Dieser nahm seine Stellung an der Rhone und hatte Zeit, sein Heer schlagfertig zu machen, da die Feinde, die sich zunächst im nördlichen Gallien und in Spanien herumtrieben, erst 102 wieder erschienen. Die Cimbern und Tiguriner zogen gegen Südosten, um durch das heutige Tirol in Italien einzudringen; die Teutonen, Tougener und Ambronen wandten sich gegen Marius, wurden aber von diesem bei Aquä Sextiä (Aix) 102 vollständig aufgerieben. Die Cimbern schlugen nach ihrer Ankunft in Oberitalien 102 den Konsul Qu. Lutatius Catulus zurück, wurden aber, als Marius 101 sich mit Catulus vereinigt hatte, 30. Juli 101 auf den Raudischen Feldern bei Vercellä (zwischen Turin und Mailand) völlig vernichtet. Die ganze Volksmenge: Männer, Weiber und Kinder, fand entweder den Tod auf dem Schlachtfeld oder geriet in römische Gefangenschaft. Ein Teil der Cimbern war in der Heimat zurückgeblieben und schickte später an Augustus Gesandte, um die Taten der Stammesgenossen zu entschuldigen. Vgl. Pallmann, Die C. u. T. (Berl. 1870); B. Sepp, Die Wanderungen der C. u. T. (Münch. 1882); Helbling, Der Zug der C. u. T. (Zürich 1898).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 4. Leipzig 1906, S. 152.
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