[624] Merān, berühmter Kurort in Tirol, in reizender Lage 320 m ü. M., am Fuße des Küchelbergs, an der Passer, unweit ihrer Mündung in die Etsch, und an der Bozen-Meraner Bahn, besteht aus der Altstadt mit engen Gassen und den charakteristischen Bogengängen (»Lauben«) und dem neuen, regelmäßigen Stadtteil gegen den Bahnhof zu, ist Sitz einer Bezirkshauptmannschaft und eines Bezirksgerichts, hat ein Obergymnasium der Benediktiner mit Konvikt, ein Mädcheninstitut der Englischen Fräulein, Möbeltischlerei, Kunstmühlen, Teigwaren-, Gold- und Silberwarenfabrikation, Handel mit Wein und Obst und (1900)[624] 9323, mit den angrenzenden, zu dem Kurbezirk gehörigen Dörfern Obermais (3693 Einw.), Untermais (4968 Einw.) und Gratsch (392 Einw.) 18,376 deutsche Einwohner (s. auch Tafel »Volkstrachten II«, Fig. 7).
Sehenswerte Gebäude sind die restaurierte landesfürstliche Burg aus dem 15. Jahrh., die gotische Stadtpfarrkirche (14. Jahrh.) mit hohem Turm, die ebenfalls gotische Spitalkirche mit schönem Portal und die evangelische Christuskirche.
Die Stadt besitzt ferner ein neues Kurhaus und Kurmittelhaus, Theater, zahlreiche Hotels und Pensionen, schöne Villen und prachtvolle Promenaden zu beiden Seiten der Passer, darunter die Gilfanlage, die Marie Valerie-Anlage mit Denkmal der Kaiserin Elisabeth und der am Küchelberg emporführende Tappeinerweg (mit Denkmal des Stifters Dr. Tappeiner). Als klimatischer Kurort genießt M. einen Weltruf, der in der reizenden, hohen, gegen N. geschützten Lage am Südabhang der Alpen und in dem milden, gleichmäßigen, trocknen, auch im Winter heitern und windstillen Klima (mittlere Jahrestemperatur 12,5°) seine Begründung hat. Man gebraucht im Frühling die Molken-, im Herbst die Traubenkur; auch besitzt M. mehrere Kaltwasserheilanstalten, eine pneumatische und Inhalationsanstalt, ein Schwimmbad und eine Nervenheilanstalt (Martinsbrunn). Die Frequenz beläuft sich durchschnittlich auf 15,000 Personen; insbesondere wird M. von Nervenleidenden, Rekonvaleszenten und Brustkranken als Winteraufenthalt aufgesucht. Die Stadt besitzt eine neue Wasserleitung und mit Bozen gemeinsam ein großes Elektrizitätswerk (an der Töll, mit 11,000 Pferdekräften). Von den zahlreichen Burgen der Umgebung (s. das Textkärtchen) sind zu erwähnen: die Zenoburg, Schönna (587 m, mit Mausoleum des Erzherzogs Johann), Fragsburg, Katzenstein, Lebenberg, Forst, Turnstein, Auer, Brunnenburg, Tirol. Letztere (nicht römischen Ursprungs) war vom 12. Jahrh. bis zum Tode der Margarete Maultasch 1369 landesfürstliche Residenz; sie ist Staatseigentum und wut de in jüngster Zeit zum Teil restauriert (vgl. O. Piper, Schloß Tirol, Wien 1902). Nordöstlich erhebt sich der Hirzer (2785 m, s. d.). Die Stadt M., nach der (von Mommsen bestrittenen) Vermutung tirolischer Forscher in der Nähe des »alten M.« oder Maja erbaut, das nach der Sage von einem Erdsturz begraben wurde, also auf rätoromanischem Boden gelegen, erscheint zuerst in einer Urkunde von 857 als Meirania, dann 1234 als Forum Meranum und gehörte den Gaugrafen im Vintschgau, als welche dann im 12. Jahrh. die Grafen von Tirol, d. h. Schloß Tirol bei M., erscheinen. Unter den Görzer Landesfürsten entwickelte sich M. zur landesfürstlichen Stadt. Hier ward Margarete Maultasch (s. d.) 10. Febr. 1342 mit dem Sohne Kaiser Ludwigs des Bayern in zweiter Ehe vermählt. Seit Max I. und Ferdinand I. zeigte sich jedoch M. von Innsbruck immer mehr in Schatten gestellt. Vgl. die Führer durch M. und Umgegend von Ellmenreich (12. Aufl., Meran 1901), Plaut (8. Aufl., das. 1904) u. Geuter (4. Aufl., Darmst. 1905); Pircher, M. als klimatischer Kurort (4. Aufl., Wien 1884); Örtel, Über Terrainkurorte (mit Beziehung auf M., 2. Aufl. von Mazegger, Leipz. 1904); v. Reinsberg-Düringsfeld, Kulturhistorische Studien aus M. (das. 1871); Schönherr, Geschichte und Beschreibung der alten landesfürstlichen Burg in M. (2. Aufl., Meran 1892); Edlinger, Aus deutschem Süden. Schilderungen aus M. (2. Aufl., das. 1891, illustriert); Stampfer, Chronik von M. (2. Ausg., Innsbr. 1867) und Geschichte von M. (das. 1889); Mazegger, Die Römerfunde und die römische Station Maja (3. Aufl, das. 1896); »Chronik von Mais« (1905).[625]