Feldherr

[397] Feldherr, der Oberbefehlshaber eines Heeres im Felde. Bei Leitung der Operationen spricht die politische Lage der kriegführenden Staaten wesentlich mit, und die Stellung des Feldherrn ist deshalb eine ebensosehr politische wie militärische. Hat der F. freie Verfügung über ein tüchtiges Heer und alle nötigen Hilfsquellen, so liegt der Erfolg des Krieges wesentlich in seiner Person. Einsicht und rasches Erkennen, ja instinktives Erraten der Lage der beiderseitigen Heere lassen ihn richtige Entschlüsse fassen, ein fester, nicht aus dem Gleichgewicht zu bringender Charakter das als richtig Erkannte und Beschlossene auch ohne Schwanken energisch durchführen. Als Berater können andre ihm zur Seite stehen, den Entschluß faßt der F. allein. Die Eigenschaften des Geistes und Charakters, der schnelle Überblick über die Gefechtslage, das Geschick, die Schlacht zu lenken, müssen angeboren sein, deshalb nennt die Geschichte als größte Feldherren Alexander, Gustav Adolf, Friedrich II. und Napoleon I., die, an der Spitze ihrer Heere stehend, auch die Staatsleitung in ihrer Hand behielten. Dasselbe war auch bei Wilhelm I. der Fall und sicherte ihm die großen Erfolge, den siegreichen Ausgang[397] des Kriegs. Seitdem es sich aber um große Massenheere handelt, die, in mehreren Armeen auf verschiedenen Kriegsschauplätzen kämpfend, selbständig auftreten müssen, kann der Oberfeldherr nicht mehr, wie früher, durch persönliches Eingreifen die Schlacht lenken. Er kann nur durch straffe Zusammenfassung der verschiedenen Armeen in der Oberleitung und geschickte Anordnungen für dieselben den Erfolg des Feldzugs sichern. Symbol des Feldherrentums ist der Feldherrnstab (s. Kommandostab). Vgl. v. d. Goltz, Das Volk in Waffen (5. Aufl., Berl. 1899).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 6. Leipzig 1906, S. 397-398.
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