Galvanotropismus

[309] Galvanotropismus, die richtende Wirkung galvanischer Ströme auf tierische und pflanzliche Organismen. Schickt man durch eine mit Wasser gefüllte Wanne, in der junge Froschlarven (Kaulquappen) oder Fischembryonen schwimmen, einen stärkern Batteriestrom, so stellen sich die Tierchen, welches auch ihre bisherige Lage gewesen sein mag, wie auf Kommando, fast momentan mit ihrer Längsachse in der Richtung der Stromfäden ein, und zwar so, daß die Köpfe sich sämtlich der Eintrittsstelle des Stromes (Anode) zuwenden. Wechselt man die Richtung des Stroms, so drehen sie sich sofort um; bringt man sie bei fortdauernder Durchströmung in eine andre Lage, so zeigen sie die lebhafteste Unruhe. Vielleicht wäre es zweckmäßiger, diese Erscheinung als Galvanotaxis zu bezeichnen und den Namen G. einem andern Phänomen vorzubehalten, das man bei Infusorien und andern Protisten beobachten kann. Bringt man auf eine Glasplatte (Objektträger) einen großen Tropfen eines Heuaufgusses, der zahlreiche Infusionstierchen von der Gattung Paramaecium enthält, und schickt man durch ihn einen stärkern Strom, so wenden sich die Tierchen sofort mit ihrem Vorderende nach der negativen Elektrode hin und schwimmen insgesamt auf sie zu (negativer G.). Hier bleiben sie versammelt, solange der Strom dauert; wird er geöffnet, so sammeln sie sich an der Anode an (positiver G.). Manche Protisten zeigen positiven G. bei der Schließung des Stromes. Die Deutungen der richtenden Kraft des elektrischen Stromes gehen erheblich auseinander.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 7. Leipzig 1907, S. 309.
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