[687] Geschlechtstrieb, der auf die Erhaltung der Gattungen und Arten durch Erzeugung neuer Individuen mittels der Vereinigung der Geschlechter gerichtete Trieb, der bei einigen Tieren periodisch (Brunst) eintritt, bei vielen andern Tieren aber nicht an bestimmte Zeiten gebunden ist. Beim Menschen beginnt der G. um die Zeit der Pubertät, die bei Mädchen im allgemeinen früher als bei Knaben, in südlichen Ländern früher als im Norden eintritt, in unsern Breiten um das 14.- 16. Jahr fällt. Krankhafte Steigerung bei Männern (Satyriasis) und bei Frauen (Nymphomanie) ist meist eine Teilerscheinung andrer Geisteskrankheiten. Der G. unterliegt mancherlei Verirrungen. Abgesehen von der noch unter den Begriff der übeln Angewohnheit oder des Lasters fallenden Onanie und der über das gewöhnliche Maß hinausgehenden geschlechtlichen Begehrlichkeit (Nymphomanie, Satyriasis) gehören hierher die Homosexualität oder konträre Sexualempfindung, d. h. der Trieb zum Liebesverkehr mit Personen gleichen Geschlechts (Liebkosungen, Betastungen, gegenseitige Onanie, Lesbische Liebe, Päderastie), die perverse Betätigung des heterosexuellen Geschlechtstriebes, dessen bekannteste Erscheinungen sind: die Flagellomanie, Sadismus, Masochismus, Fetischismus, endlich auch Tierschändung (Bestialität, Sodomie), Statuenschändung, Exhibitionismus etc. Näheres s. Sexualpsychologie. Vgl. Hegar, Der G., sozial-medizinische Studie (Stuttg. 1894); H. Ellis, G. und Schamgefühl (a. d. Engl., Würzb. 1900); Rohleder, Vorlesungen über Sexualtrieb und Sexualleben des Menschen (Berl. 1901); Nyström, Das Geschlechtsleben und seine Gesetze (das. 1904).