Giraud

[865] Giraud (spr. schirō), 1) Giovanni, Graf, ital. Lustspieldichter, geb. 28. Okt. 1776 in Rom aus französischer Familie, gest. 1. Okt. 1834 in Neapel, trat 1793 in Kriegsdienste und erhielt eine Offizierstelle, schrieb eine Reihe von Lustspielen, die in Venedig mit lebhaftem Beifall ausgeführt wurden, und wurde infolgedessen 1809 von Napoleon zum Generalintendanten aller Theater im Departement jenseit der Alpen ernannt. Nach dem Sturz des Kaisers betrieb er Handelsunternehmungen, wodurch er ein ansehnliches Vermögen erwarb. G. ahmt Molière nach, aber von der derbkomischen Seite, und seine Stücke sind durch eine wirksame Situationskomik ausgezeichnet. Die bekanntesten sind: »L'ajo nell' imbarazzo« (deutsch, Dresd. 1824), »Il prognosticante fanatico« (Persiflage der Lavaterschen Physiognomik), »La capricciosa confusa«, »La conversazione al bujo« und »Don Desiderio«. Neue Ausgaben sind die »Opere di Giovanni G.« (Mail. 1902, 2 Bde.) und die »Commedie scelte«, besorgt von Costa (Rom 1904). Vgl. Gnoli, Le satire di G. G. per la prima volta edite con uno studio biografico critico (Rom 1904).

2) Eugène, franz. Maler und Kupferstecher, geb. 9. Aug. 1806 in Paris, gest. daselbst 29. Dez. 1881, wurde Schüler des Kupferstechers Richomme und des Malers Hersent und erhielt 1826 den großen römischen Preis für einen Kupferstich; doch betrieb er später diese Kunst wenig mehr. Nach seiner Rückkehr aus Italien machte er 1846 mit dem Herzog von Montpensier und Alexandre Dumas eine Reise nach Spanien und Nordafrika. Seitdem malte er viele Szenen aus dem dortigen Volksleben. Dahin gehören: der Tanz in einer Posada zu Granada (1853), ein tanzendes Mädchen in Kairo (1866) und (1869) ein tödlich verwundeter Matador, der in einer Kapelle die Sterbesakramente empfängt und seiner Geliebten die Devisa, die dem getöteten Stier abgenommene Schleife, reicht (die beiden letztern im Luxembourgmuseum). Unter seinen spätern Bildern sind zu nennen: die Abreise zur Armee Condés (1873), Juwelenhändler im Harem (1874), der Bücherantiquar (1875), der Blumenmarkt unter dem Direktorium (1876) und die Rückkehr aus der Schenke (1877). – Sein jüngerer Bruder und Schüler, Charles G., geb. 18. Juni 1819 in Paris, der sich anfangs der Darstellung historischer Szenen widmete, war später zumeist als Genre- und Interieurmaler tätig und starb 30. Sept. 1892 in Sannois (Seine-et-Oise).

3) Albert, Pseudonym des belg. Dichters A. Kaeyenberg, geb. 1856 in Brüssel, vertritt die formvollendete Richtung der französischen Parnassiens und behandelt namentlich das Sonett mit Virtuosität. Die Gedichtsammlung »Hors du Siècle« (1886, definitive Ausg. 1897) sicherte seinen Ruf, den »Pierrot-Narcisse« (1891) und »Héros et Pierrots« (1898) befestigten. Der Fünfjahrespreis der belgischen Regierung wurde ihm 1898 zugesprochen.

4) Victor, franz. Afrikareisender, geb. 1858, gest. 22. Aug. 1898, wurde Schiffsleutnant und unternahm 1882–85 von Sansibar aus eine Expedition in das[865] Quellengebiet des Kongo, auf der er besonders den Bangweolo- und Merusee erforschte, dann zum Tanganjika und über den Nyassasee zur Küste nach Quillimane zog. Er veröffentlichte: »Les lacs de l'Afrique équatoriale« (Par. 1889).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 7. Leipzig 1907, S. 865-866.
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