[577] Sansĭbar (Zanzibar, Sanguebar), mohammedanisches Reich in Ostafrika (s. Karte »Deutsch-Ostafrika«) unter einem Sultan, der jedoch unter englischem Protektorat steht. Außer den Inseln S. (s. unten) mit 250,000 Einw. und Pemba (s. d.) mit 50,000 Einw. umfaßt (seit 1895) sein Gebiet auf dem Festland den Küstenstrich von 16 km Breite (vom Hochwasserstand aus gerechnet) vom Umbafluß im Süden bis zum Kipini am Osi im N., eine Reihe von Küsteninseln zwischen dem Osi und Jub und die Stadt Kismaju und deren Gebiet im Umkreise von 16 km. Diese Küstengebiete werden, nominell der Souveränität des Sultans (oder Seyyid) von S. unterstehend, gegen eine jährliche Rente von 17,000 Pfd. Sterl. von der britischen Regierung verwaltet und sind der Provinz Seyyidieh (s. d.) des Britisch-Ostafrika-Protektorats (Hauptstadt Mombasa) einverleibt. Dem Sultan steht ein aus sieben Mitgliedern (Engländern) bestehendes Ministerium zur Seite, wie auch England tatsächlich die Verwaltung und die Justiz (Fremde und Sklaven betreffend) in der Hand hat; ebenso unterhält es dort eine Truppe von 900 Mann. Der Sultan hat eine Leibgarde von 150 Mann, ein Wacht- und Salutschiff und 2 Handelsdampfer. Seine Einkünfte bezieht er aus den Zöllen, doch müssen alle öffentlichen Ausgaben neben seiner Sanktion die Englands haben. Er läßt Münzen schlagen (auf Grundlage des Theresientalers), während im Handel nach indischen Rupien gerechnet wird. Der Silberdollar von 4 Rupa zu 25 Cents hat den festen Wert von 34 Anna zu 4 Pesa = 2,894 Mk., und die Rupie gilt 47 Cents. Alle nichtindischen Rupien sind seit 1903 im Verkehr verboten. Der Sultan hat eigne rote Flagge (s. Tafel »Flaggen I«), auch einen Orden vom Strahlenden Stern in mehreren Klassen, der ausschließlich an Europäer verliehen wird (s. Tafel »Orden III«, Fig. 6), aber seine Unabhängigkeit ist nur noch Schein. Früh haben die Araber in S. (wohl verderbt aus Zendj-bar, »Land der Schwarzen«) Niederlassungen gegründet. Die Portugiesen (15. Jahrh.) verstanden es nicht, hier ein Kolonialreich zu gründen, ihre Niederlassungen wurden vielmehr im 17. Jahrh. von den Arabern von Maskat in Arabien aus vernichtet. Die moderne Zeit begann für S. nach Baumann von 1822 ab, bis der deutsch-englische Vertrag (1. Juli 1890) S. den Engländern auslieferte, die nach Beschießung des Sultanspalastes (1896) die Zügel straffer angezogen haben. 1897 wurde die Sklaverei offiziell aufgehoben. Vgl. O. Baumann, Der Sansibar-Archipel (Wissenschaftliche Veröffentlichungen des Vereins für Erdkunde zu Leipzig, 1897 bis 1899, 3 Hefte).
Meyers-1905: Sansĭbar [2]