Haimonskinder

[631] Haimonskinder, die vier Söhne des Grafen Haimon (Aymon) von Dordogne: Adelhart (Alard), Ritsart (Richard), Witsard (Guichard) und Reinold (Renaut) von Montalban (Montauban), die Haupthelden (namentlich der letztgenannte mit seinem Roß Bayard) einer zum karolingischen Sagenkreis gehörigen Sage, die deren Kämpfe mit ihrem Lehnsherrn Karl d. Gr. zum Gegenstand hat und wahrscheinlich französischen Ursprungs ist. Die ihr zugrunde liegenden historischen Begebenheiten hat Longnon in den Kämpfen Eudos von Wasconien mit Karl Martell aufgezeigt. Seit dem 13. Jahrh. wird Reinhold in Dortmund auch als Heiliger verehrt. Die erste dichterische Bearbeitung der Sage ist ein französisches Gedicht aus dem 12. Jahrh.: »Renaus de Montauban«, von Michelant (Stuttg., Liter. Verein 1862) herausgegeben. Später wurde das Gedicht in Prosa aufgelöst, und so entstand der Roman »Les quatre fils Aymon« (Lyon 1495 u. ö.; neue Bearbeitung von Marcilly in Prachtausgabe, Par. 1883), von dem eine deutsche Bearbeitung u. d. T.: »Eyn schön lustig Geschicht, wie Keyser Carle der groß vier gebrüder, Hertzog Aymont von Dordons Süne, 16 jarlangk bekrieget« (Simmern 1535, 164 Bl.) erschien; eine andre wurde von A. Bachmann (Stuttg., Literarischer Verein 1895) herausgegeben. Dagegen ist das bekanntere deutsche Volksbuch: »Ein schöne und lüstige Histori von den vier Heymonskindern etc.«, das 1604 in Köln erschien (neue Ausgabe von Pfaff, Freiburg 1887), aus dem Niederländischen hervorgegangen: es ist zum großen Teil eine Bearbeitung der in den Niederlanden noch gangbaren »Historie van den vier Heems-Kindern« (Antwerp. 1619) und hat Paul van der Aelst zum Verfasser. Diese ist die Auflösung einer niederländischen, auf französischer Vorlage beruhenden Dichtung, deren Bruchstücke Hoffmann 1837, dann auch Matthes (Groning. 1872) herausgegeben hat. Eine unmittelbare, im 15. Jahrh. entstandene Übertragung dieses Gedichts ist das von Pfaff herausgegebene Gedicht »Reinold von Montelban« (Stuttg., Literarischer Verein 1885). Deutsche Nachdichtungen des Volksbuches lieferten L. Tieck in »Peter Leberechts Volksmärchen« (Berl. 1797, Bd. 1) und L. Bechstein: »Die H.«, Gedicht (Leipz. 1830). Auch in den »Deutschen Volksbüchern« von Simrock (Heft 9) und von Marbach (Heft 9) ist die Geschichte enthalten.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 8. Leipzig 1907, S. 631.
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