Peter [1]

[649] Peter (lat. Petrus, v. griech. petros, »Fels«, franz. Pierre, ital. Pietro, span. u. portug. Pedro), männlicher Name; dessen bemerkenswerteste Träger:

1) Sankt P., Apostel, s. Petrus.

[Aragonien.] 2) P. I., König von Aragonien 1094–1104, folgte seinem Vater Sancho Ramirez, der vor Huesca fiel, und setzte den Kampf gegen die Mauren mit Entschlossenheit fort. Nach dem Sieg bei Alcaraz eroberte er 1096 Huesca und damit das ganze Gebiet nördlich vom Ebro. Er starb jung und ohne Söhne 1104.

3) P. II. König von Aragonien 1196–1213, ein tapferer Kriegsmann und begabter Troubadour, folgte seinem Vater Alfons II. in Aragonien und Katalonien, erwarb die Herrschaft Montpellier, ließ sich 1204 vom Papst Innozenz III., dem er Zahlung eines jährlichen Zinses versprach, in Rom krönen, erregte jedoch hierdurch und durch die Auslegung einer neuen Steuer, des Monedaje, die Unzufriedenheit des Adels und der Städte, die sich gegen ihn verbündeten. Ritterlich, prachtliebend und freigebig, begünstigte er die Troubadoure, die ihn in ihren Gesängen feierten. 1212 verband er sich mit den Königen von Kastilien und Navarra gegen die Almohaden, die bei Navas de Tolosa besiegt wurden, zog 1213 den Al bi gen fern zu Hilfe, fiel aber 13. Sept. in der Schlacht bei Muret.

4) P. III., der Große, König von Aragonien, geb. 1239, gest. im November 1285, Sohn Jakobs 1., folgte diesem 1276. Als Erbe der Hohenstaufen unterstützte er die Erhebung der Sizilianer (Sizilianische Vesper 1282) und wurde als deren König anerkannt, mußte jedoch, um die Kriegskosten zu bestreiten, auf dem Reichstage zu Tarragona (1283) die Rechte der aragonischen Stände vermehren, kämpfte aber glücklich gegen Frankreich, Neapel und seinen eignen Bruder Jakob von Mallorca. Vgl. Cartellieri, P. von Aragon und die Sizilianische Vesper (Heidelb. 1904).

5) P. IV., König von Aragonien, geb. 1319, gest. 7. Jan. 1387, Sohn Alfons' IV., folgte diesem 1336. Ein harter, kraftvoller und schlauer Regent, brach er die Unbotmäßigkeit der Stände, entzog seiner Stiefmutter und seinen Brüdern die ihnen von Alfons geschenkten Güter, entriß 1342–44 seinem Schwager Jakob II. die Balearen, konnte aber nach langem Kampf mit den Genuesen Sardinien nicht völlig erobern. Seinen verdienten Minister Bernard de Cabrera ließ er aus Mißtrauen hinrichten. Er unterstützte Heinrich von Trastamara gegen Peter den Grausamen von Kastilien, geriet aber dann mit diesem selbst in Streit und mußte 1375 im Frieden von Almazan auf seine kastilischen Eroberungen verzichten.

[Brasilien.] 6) Kaiser von Brasilien, s. Pedro.

[Kastilien.] 7) P. der Grausame, König von Kastilien, zweiter Sohn Alfons' XI. und der Maria von Portugal, geb. 30. Ang. 1334 in Burgos, gest. 23. März 1369, folgte 1350 seinem Vater und vermählte sich 3. Juni 1353 mit Blanka, der Tochter Peters von Bourbon, ohne jedoch seine Beziehungen zu seiner Geliebten, Donna Maria Padilla, deren Brüder und Verwandten sich im Besitz der höchsten[649] Staatsämter befanden, aufzugeben. Hierdurch rief er einen Aufstand hervor, an dessen Spitze Heinrich von Trastamara, einer seiner Halbbrüder, und Alvaro Perez de Castro standen. Der König besiegte sie jedoch, ließ Blanka einkerkern und nahm an seinen Gegnern blutige Rache; Heinrich von Trastamara entfloh nach Frankreich. Als P. 1362 den eben mit Aragonien geschlossenen Frieden wieder brach, verbündeten sich alle seine Feinde gegen ihn; Heinrich von Trastamara drang in Kastilien ein und nahm den Königstitel an. P. gewann jedoch den Prinzen Eduard von Wales, den sogen. Schwarzen Prinzen, durch glänzende Versprechungen für sich und trug 3. April 1367 in der Ebene bei Najera in der Provinz Burgos einen entscheidenden Sieg über Heinrich davon, worauf er mit unerhörter Grausamkeit gegen alle, auch die entferntesten Anhänger seiner Rivalen, wütete, den Schwarzen Prinzen aber durch Nichterfüllung seiner Versprechungen sich entfremdete. Dadurch ermutigt, sammelte Heinrich mit Hilfe des Königs Karl V. von Frankreich ein kleines Heer und verstärkte dasselbe in Kastilien bedeutend. P. ward 14. März 1369 in der Ebene von Montiel in der Provinz La Mancha geschlagen und gefangen, worauf ihm Heinrich nach einem heftigen Wortstreit den Dolch ins Herz stieß. Wegen seiner Bemühungen um Verbesserung der Rechtspflege erhielt P. den Beinamen el Justiciero (Rechtsprecher). Seine Geschichte schrieben Nuñez da Cunha (Lissab. 1666), Dillon (Lond. 1788, 2 Bde.), in neuerer Zeit Mérimée (Par. 1848; deutsch, Leipz. 1865) und Guichot (Sevilla 1878); vgl. auch Schirrmacher, Geschichte von Spanien, Bd. 5 (Gotha 1890).

[Montenegro.] 8) und 9) P. I. und II., Fürsten von Montenegro, s. Njegosch.

[Oldenburg.] 10) P. Nikolaus Friedrich, Großherzog von Oldenburg, Sohn des Großherzogs August Paul Friedrich (s. August 3, S. 119), geb. 8. Juli 1827, gest. 13. Juni 1900, folgte seinem Vater 27. Febr. 1853 in der Regierung. 1864 erhob er, nachdem der Kaiser von Rußland alle gottorpschen Erbrechte auf ihn übertragen, Ansprüche auf Schleswig-Holstein, schloß aber 27. Okt. 1866 einen Vertrag mit Preußen, durch den er gegen seinen Verzicht Ahrensböck als Entschädigung erhielt. 1866 trat er auf seiten Preußens, ließ seine Truppen zur Mainarmee stoßen, trat in den Norddeutschen Bund und schloß eine Militärkonvention mit Preußen. 1904 wurde ihm in Lensahn ein Denkmal errichtet. Vermählt war der Großherzog seit 10. Febr. 1852 mit Elisabeth, geb. 26. März 1826, gest. 2. Febr. 1896, Tochter des Herzogs Joseph von Sachsen-Altenburg, die ihm den Erbgroßherzog, jetzigen Großherzog Friedrich August (s. Friedrich 46) und 27. Juni 1855 den Herzog Georg Ludwig gebar. Vgl. Jansen, Großherzog Nikolaus Friedrich P. von Oldenburg, Erinnerungen 1864–1900 (Oldenb. 1902).

11) P. Konstantin Friedrich, Herzog von Oldenburg, russ. Staatsmann, geb. 26. Aug. 1812 in Petersburg, gest. 14. Mai 1881, Sohn des Prinzen Peter Friedrich Georg von Oldenburg (geb. 9. Mai 1784, gest. 27. Dez. 1812) und der Prinzessin Katharina Paulowna (geb. 1788, gest. 1819), Tochter des Kaisers Paul von Rußland und nachmals vermählt mit König Wilhelm von Württemberg, hatte frühzeitig intime Beziehungen zu seinem Oheim, dem Kaiser Nikolaus, wurde 1832 Generalmajor, 1834 Generalleutnant, 1841 General der Infanterie. Auch juristisch gebildet und Doktor der Rechte, ging er in den Zivildienst über und war Chef der vierten Abteilung der eignen Kanzlei des Kaisers, Senator und Präsident des Departements des Reichsrats für Zivil- und kirchliche Angelegenheiten. Seine älteste Tochter, Alexandra, geb. 2. Juni 1838, war seit 1856 mit dem Großfürsten Nikolaus Nikolajewitsch (gest. 25. April 1891) vermählt.

[Oströmisches Reich.] 12) P. II. von Courtenay, Sohn Peters I., folgte diesem in der Herrschaft über die Grafschaften Tonnerre und Nevers 1183, vermählte sich mit Jolanthe, der Nichte Kaiser Heinrichs von Konstantinopel, und beanspruchte nach dessen Tode (1216) den lateinischen Kaiserthron. Jedoch bei dem Versuch, durch Illyrien und Mazedonien nach Konstantinopel vorzudringen, wurde er 1217 von dem griechischen Fürsten von Epirus, Theodoros Angelos, gefangen genommen und getötet. Seine Gattin Jolanthe erreichte Konstantinopel und übernahm dort die Regierung, starb aber schon 1219. Seine Söhne Robert und Balduin II. trugen nacheinander die Kaiserkrone.

[Portugal.] 13) Könige von Portugal, s. Pedro 3–7).

[Rußland.] Kaiser von Rußland: 14) P. I., Alexejewitsch, der Große, Sohn des Zaren Alexei und dessen zweiter Frau Natalia Naryschkin, geb. 9. Juni (30. Mai) 1672, gest. 8. Febr. (28. Jan.) 1725, verlor schon 1676 seinen Vater, dem der älteste Sohn, Feodor Alexejewitsch, folgte, unter dem P. und dessen Mutter zurückgezogen lebten. Als Feodor 1682 starb, ward P. mit Übergehung des ältern, schwachsinnigen Bruders Iwan zum Zaren ausgerufen. Sophie jedoch, Iwans leibliche Schwester, gewann die Strelitzen für den Plan, daß Iwan und P. gemeinschaftlich Zaren seien, sie selbst aber das Reich verwesen solle. Iwan und P. wurden daher 5. Juli 1682 gekrönt; die Regierung aber befand sich in den Händen Sophiens, die 1686 sogar den Titel Selbstherrscherin annahm. Auf Peters Erziehung hatte Boris Galizyn Einfluß, der den lernbegierigen Knaben in Preobrashensk durch Ausländer in den Anfängen des Schiffbaues und des Kriegswesens unterrichten ließ. Bald nachdem sich P. 6. Febr. 1689 mit Eudoxia Lopuchin vermählt hatte, wurde Sophie eines Mordanschlags auf den jungen Zaren beschuldigt und in das Jungfrauenkloster bei Moskau verwiesen. Iwan überließ dem Bruder gern die Regierung. Um die Macht der Strelitzen zu brechen, bildete er mit Hilfe fremder Offiziere das Heer um. Mit gleichem Eifer suchte er seinem Reich eine Flotte zu schaffen. Nachdem er 1697 eine Verschwörung unterdrückt und einen Teil der Strelitzen an die Grenzen des Reiches verteilt hatte, trat er im März 1697 im Gefolge einer nach Holland bestimmten Gesandtschaft, an deren Spitze Lefort, Golowin und Wosnizyn standen, unter dem Namen P. Michailow eine Reise ins Ausland an. Er ging über Riga, Mitau, Königsberg und Berlin nach Holland und arbeitete in Matrosentracht auf einer Schiffswerft in Amsterdam und Zaandam als Zimmermann, bis er sich den Meistertitel erworben. Anfang 1698 ging er nach England, wo er über 500 Handwerker und Techniker aller Art in seine Dienste nahm. Die Universität Oxford überreichte ihm das Doktordiplom. Von Holland, wo der Hauptzweck seiner Gesandtschaft, von den Generalstaaten eine Flotte gegen die Türken zu erhalten, gescheitert war, ging er nach Sachsen und von da nach Wien. Am 4. Sept. 1698 traf er wieder in Moskau ein und ließ ein schweres Strafgericht über die Strelitzen ergehen, die wieder einen Aufstand erregt hatten. Auch Eudoxia mußte ins [650] Kloster wandern; die Strelitzen aber verteilte der Zar über das Reich, so daß sie allmählich verschwanden. Von nun an folgten die Neuerungen und Reformen mit stürmischer Eile. Der altrussische Jahresanfang im Herbst wurde vom 1. Jan. 1700 an abgeschafft, europäische Tracht und Sitten eingeführt, wenigstens in den höhern Ständen. Der am 3. Juli 1700 mit der Pforte abgeschlossene 30jährige Friede sicherte Rußland das 1696 eroberte Asow als Schlüssel zum Schwarzen Meer; um nun auch an der Ostsee Fuß zu fassen, verbündete sich P. mit Dänemark und mit König August II. von Polen gegen Schweden. Bei Narwa von Karl XII. 20. Nov. 1700 aufs Haupt geschlagen, erhielt er durch seines Gegners Feldzüge in Polen Gelegenheit, Ingermanland zu erobern, wo er 1703 den Grund zu der künftigen Hauptstadt seines Reiches legte. Karls XII. Niederlage bei Poltawa (8. Juli 1709) bezeichnete das Ende der schwedischen Übermacht, worauf sich Livland, Esthland und Karelien P. ergaben. Da es Karl XII. gelang, die Pforte zu bewegen, 1. Dez. 1710 den Krieg an Rußland zu erklären, überschritt P. 27. Juni 1711 die Grenze der Moldau. Da er aber 19. und 20. Juli die Schlacht am Pruth verlor und dort eingeschlossen wurde, mußte er in dem Frieden von Hush vom 23. Juli den Türken Asow wieder ausliefern. 1713 brachen die Russen durch Finnland in Schweden ein, und die russische Flotte siegte bei den Alandsinseln 7. Aug. 1714 über die schwedische. Durch den Nystader Frieden 10. Sept. 1721 kamen Esthland, Livland, Ingermanland und Karelien mit Wyborg-Län an Rußland. Nach einem Dekret des dirigierenden Senats und des Synods ward P. 2. Nov. 1721 in Petersburg feierlich als Kaiser ausgerufen. 1722 zog er mit über 100,000 Streitern gegen Persien und eroberte Derbent, gab jedoch die weitere Expedition auf, da Stürme die russische Flotte auf dem Kaspisee zerstreuten. Im Frieden vom 12. Sept. 1723 trat Persien Derbent, Baku, Gilan, Masenderan und Astrabad an Rußland ab, das diese Provinzen übrigens wenige Jahre später aufgab. Trotz der Kriege führte er wichtige Reformen durch. Er ersetzte den frühern Bojarenrat durch den Senat (1711). 1718 folgte die Einrichtung der Kollegien, unter welche die Geschäfte der Regierung verteilt wurden. Auch in den Provinzen und Städten suchte P. durch Begründung von Kollegialbehörden die Selbstverwaltung vorzubereiten. Anderseits suchte er in allen Stücken die Staatsaufsicht und Kontrolle zu verschärfen, vornehmlich um die Moral des Beamtenstandes zu bessern. Zur Hebung der Staatseinnahmen mußte P. neue Steuersysteme einführen, wobei das Volk vielfachen Bedrückungen ausgesetzt war. Unermüdlich tätig war P. auf dem Gebiete der Wirtschaftspolitik, indem er Handwerke und Manufakturen, Handel und Verkehr durch Kanalbauten, auch Bergwesen und Forstkultur zu beleben suchte. Den bäuerlichen Zuständen widmete er geringere Aufmerksamkeit. Zur Steigerung der monarchischen Gewalt auf dem Gebiete der Kirche ward die Patriarchenwürde abgeschafft und der heilige Syn od 1721 errichtet. P. beschränkte die Zahl der Klöster und hielt die Mönche und Nonnen zu nützlicher Tätigkeit an. Hierbei unterstützte ihn der ihm geistesverwandte Erzbischof von Nowgorod, Theophan Prokopowitsch. Gegen die Sekten war P. duldsam. Für das Bildungswesen sorgte er durch die Gründung von Schulen und Druckereien, durch Verbreitung fremder, in das Russische übersetzter und einheimischer Schriften, durch Veranstaltung geselliger Zusammenkünfte für Männer und Frauen nach der Sitte des Abendlandes und durch die Gründung der Akademie der Wissenschaften in St. Petersburg, deren Eröffnung übrigens erst unter seiner Nachfolgerin stattfand. Besonders liebte er die Naturwissenschaften und die Geographie (vgl. K. E. v. Baer, Peters d. Gr. Verdienste um die Verbreitung geographischer Kenntnisse, Petersb. 1872). P. war von zarter Leibesbeschaffenheit. Im Spätherbst 1724 erkrankte er infolge einer Erkältung, die er sich bei der Rettung eines gestrandeten Bootes zugezogen; er starb, ohne eine Verfügung wegen des Thrones getroffen zu haben, und es folgte ihm seine Gemahlin Katharina I. auf demselben. P. war roh und in seinen Leidenschaften, Wollust und Trunksucht, oft zügellos; er belustigte sich gern in rauschenden Vergnügungen und bei burlesken Aufzügen; aber stets beseelte ihn ein hohes Pflichtgefühl, und nie ließ er den Staatszweck außer Augen. Eine mächtige Herrschernatur, ein Reformator von klarem Wissen und Wollen, ist er Gründer des russischen Staates geworden. Am 18. Aug. 1782 wurde sein Denkmal von Falconet in Petersburg enthüllt (s. Sankt Petersburg). Vgl. Golikow, Dejanir Petra Welikawo (Mosk. 1788–97, 30 Bde.); Ustrjalow, Istorija zarstwo wania Petra Welikawo (Petersb. 1858–63, 6 Bde.); Sadler, P. d. Gr. als Mensch und Regent (das. 1872); Herrmann, Rußland unter P. d. Gr. (nach Vockerodts und Players Berichten, Leipz. 1872); A. Brückner, P. d. Gr. (in Onckens »Allgemeiner Geschichte«, Berl. 1879); Schuyler, P. the Great, a study (2. Aufl., New York 1891, 2 Bde.); Minzloff, Pierre le Grand dans la littérature étrangère (Par. 1872); Schmurlo, P. d. Gr. in der russischen Literatur (russ., Petersb. 1889); Miljukow, Die Staatswirtschaft Rußlands zu Anfang des 18. Jahrhunderts und die Reform Peters d. Gr. (russ., das. 1892); Waliszewski, Pierre le Grand (Par. 1897; deutsch von Bolin, Berl. 1899, 2 Bde.); O. Browning, Peter the Great (Lond. 1898); R. N. Bain, First Romanovs; history of Moscovite civilisation and rise of modern Russia under Peter the Great and his forerunners (das. 1905). – Das sogen. Testament Peters d. Gr., nach dem das russische Volk die Bestimmung hätte, in der Zukunft die Herrschaft in Europa zu erhalten, ist eine Erfindung, wenn nicht sogar ein Diktat Napoleons I. und stammt aus einem 1812 vermutlich auf dessen Bestellung von Lesur geschriebenen Buch: »Des progrès de la puissance russe«; vgl. Berkholz, Napoléon I, auteur du Testament de Pierre le Grand (Riga 1863; deutsch, Petersb. 1877), und Breßlau in der »Historischen Zeitschrift«, 1879.

15) P. II., Alexejewitsch, Sohn des unglücklichen Zarewitsch Alexei, Enkel Peters d. Gr., geb. 22. (11.) Okt. 1715, gest. 9. Febr. 1730, folgte 17. Mai 1727 der Kaiserin Katharina I. auf dem Thron. Menschikow leitete ihn anfangs, und P. verlobte sich sogar mit dessen Tochter. Nach dessen Verbannung nach Sibirien traten die Dolgorukijs an seine Stelle. P. residierte in Moskau. Am 10. Dez. 1729 verlobten ihn die Dolgorukijs mit Katharina Dolgorukij, aber er starb vor der Vermählung an den Blattern. Seine Nachfolgerin auf dem Thron war Anna Iwanowna.

16) P. III., Feodorowitsch, als Herzog von Holstein-Gottorp Karl P. Ulrich genannt, ein Enkel Peters d. Gr., Sohn von dessen Tochter Anna Petrowna und des Herzogs Karl Friedrich von Gottorp, geb. 21. Febr. 1728 in Kiel, wurde, da schon mit P. II. der Romanowsche Mannesstamm ausgestorben war, durch die Kaiserin Elisabeth nach Rußland berufen[651] und 18. Nov. 1742 zum Thronfolger ernannt. Fast gleichzeitig (4. Nov. 1742) wählten ihn die schwedischen Stände zum König, doch mußte P. ablehnen. Am 1. Sept. 1745 ward er mit der Prinzessin Sophie Auguste von Anhalt-Zerbst, der nachmaligen Kaiserin Katharina II., vermählt. Meist lebte er in Oranienbaum, wo er sich oft an Trinkgelagen ergötzte. Seine Ehe mit Katharina war unglücklich. Nach Elisabeths Tod (5. Jan. 1762) bestieg P. den Zarenthron. Er erließ sofort eine umfassende Amnestie, erleichterte für den Adel das Reisen ins Ausland, beseitigte die geheime Kanzlei, die das Leben der Untertanen allen Angebereien preisgab, schaffte die Tortur ab, beschränkte den Luxus, verminderte die Handelsabgaben und verbesserte das Kriminalverfahren. Er suchte Handel und Ackerbau, Flotte und Heer zu reformieren. Mit Friedrich d. Gr., den er schwärmerisch verehrte, schloß er im Mai 1762 Frieden, nach dem er das schon eroberte Ostpreußen zurückgab und den General Tschernitschew mit 15,000 Mann zu Friedrichs Heer stoßen ließ. Wegen der Ansprüche des Hauses Holstein-Gottorp auf Schleswig rüstete er zum Kriege gegen Dänemark, als eine Verschwörung in Petersburg ausbrach, an deren Spitze des Kaisers eigne Gemahlin stand, die von P. mit der Verbannung in ein Kloster bedroht worden war. Statt gegen die Empörer zu Felde zu ziehen, verzichtete er in einem Brief an Katharina, die in der Nacht vom 8. auf 9. Juli 1762 zur Kaiserin ausgerufen ward, auf den Thron und versprach, nach Deutschland zu gehen. Er wurde aber in Peterhof zur Unterschreibung der Thronentsagungsakte gezwungen und in Ropscha 17. Juli 1762 von Alexei Orlow und andern Parteigängern der Kaiserin, vermutlich ohne deren Vorwissen, ermordet. Vgl. »Biographie Peters III.« (anonym, Tübing. 1809, 2 Bde.); Bülau, Geheime Geschichten und rätselhafte Menschen, Bd. 1 (2. Aufl., Leipz. 1863); Bain, P. III. emperor of Russia (Lond. 1902).

[Serbien.] 17) P. I., Petrović, König von Serbien, geb. 11. Juli 1844 in Belgrad als ältester Sohn des Fürsten Alexander Karageorgiević (s. Alexander 23) und seiner Gemahlin Persida, geborne Nenadović (gest. 1873), besuchte das Lyzeum Sainte-Barbe in Genf, die Militärschule in St.-Cyr und bis 1867 die Generalstabsschule in Paris. Als französischer Kriegsfreiwilliger 1870/71 erwarb er das Kreuz der Ehrenlegion und nahm 1876 mit einer eignen Freischar am Aufstand in Bosnien teil. Am 11. Aug. 1883 heiratete er die Prinzessin Zorka von Montenegro (gest. 16. März 1890 in Cetinje), die ihm eine Tochter Helene (1884) und zwei Söhne, Georg und Alexander (1887 und 1888), gebar. Seit März 1895 lebte P. zurückgezogen in Genf und erinnerte nur durch einen Ausruf Ende Januar 1902 sowie durch einen mißlungenen Putschversuch eines gewissen Rade Alavantić in Schabatz (5. März) an sein Dasein, bis er durch die Mordnacht 10./11. Juni 1903 auf den serbischen Thron berufen wurde. Am 24. Juni betrat er den serbischen Boden wieder, leistete 25. Juni den Eid auf die Verfassung und wurde 9. Okt. 1904 in Zica gesalbt. Doch bereitete ihm die Unmöglichkeit, die Königsmörder aus maßgebenden Stellungen zu entfernen, den auswärtigen Großmächten gegenüber bis Juni 1906 große Schwierigkeiten. Am 30. Okt. 1904 besuchte er den Fürsten Ferdinand in Sofia. Vgl. Petrović, Die serbische Jahrhundertfeier und die Blutnacht vom 11. Juni 1903 (Berl. 1904).

[Ungarn.] 18) König von Ungarn, geb. um 1012 in Venedig als Sohn des Dogen Otto Orseolo und Maiens, einer Schwester des Königs Stephan von Ungarn, wurde 1037 von diesem zum Nachfolger bestimmt. Nach dreijährigem willkürlichen Regiment 1041 von den Ungarn vertrieben, die Aba (Ovo) zum König erwählten, wurde er erst 1044 von Heinrich III. von Deutschland wieder auf den Thron gesetzt, nachdem er dessen Oberlehnshoheit anerkannt hatte. 1046 wegen seiner Begünstigung der Deutschen und Italiener von neuem gestürzt, wurde er auf der Flucht gefangen, geblendet und starb vergessen um 1060. Vgl. Joh. Karácsonyi, Geschichte Stephans des Heiligen (ungar., Budap. 1904).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 15. Leipzig 1908, S. 649-652.
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