[806] Haren, 1) Willem van, niederländ. Dichter und Staatsmann, geb. 21. Febr. 1710 in Leeuwarden, gest. 4. Juli 1768 zu St. Oedenrode in Nordbrabant, war der Sprößling eines alten friesischen Adelsgeschlechts und zur Zeit der Regentin als Mitglied der Generalstaaten und später als Gesandter am Hof zu Brüssel von großem Einfluß, nach ihrem Tode (1759) aber von seinen Feinden gestürzt und starb in den dürftigsten Verhältnissen durch Selbstmord. Wie sein Bruder Onno Zwier van H. (s. unten) steht auch Willem van H. der zeitgenössischen Modepoesie, die sich ganz von den Franzosen beherrschen ließ, fern. Noch in den glücklichen Jahren seines Lebens schrieb er das Heldengedicht »Friso« (1741), das er später nach den Regeln der Rederijkers überarbeitete (1754 bis 1758), und die Ode »Leonidas« (1742), die viel dazu beitrug, daß die Niederländer der Königin Maria Theresia treu blieben und ihr Hilfe leisteten, in seinem Unglück die Elegie »Het menschelyk Leven« (1760). Eine französische Übersetzung von »Friso« erschien Paris 1785. Zusammen mit den Werken seines Bruders Onno Zwier wurden seine Gedichte gesammelt herausgegeben von Jer. de Vries (Amsterd. 1824, 6 Bde.) und von van Vloten (Deventer 1874, mit Biographie). Vgl. J. H. Halbertsma, Het Geslacht der van Harens (Deventer 1829); Busken Huet in »Litterarische Fantasienen Kritieken«, 6. Teil (Haarlem 1875).
2) Onno Zwier van, niederländ. Staatsmann und Dichter, Bruder des vorigen, geb. 2. April 1713 in Leeuwarden, gest. 2. Sept. 1772 auf einem seiner Güter bei Wolvega (Friesland), war ein Anhänger des Prinzen von Oranien und verlebte als hoher Staatsbeamter den größten Teil seines Lebens unter den Aufregungen der Politik. Nach dem Tod Annas, der Witwe Wilhelms IV., wurde er 1759 durch eine Skandalgeschichte genötigt, sich von der Politik zurückzuziehen; erst nun widmete er sich der Poesie. Sein Hauptwerk ist das Epos »De Geuzen« (Leeuw. 1769; neue, verbesserte Ausg. von Bilderdijk und Feith, Amsterd. 1785), das in 24 Gesängen die Heldentaten der Wassergeusen behandelt; ferner schrieb er die Trauerspiele »Agon, Sulthan van Bantham« und »Willem de Eerste«; sein Lustspiel »Pietjeen Agnietje, of de doos der Pandora« ist eine Bearbeitung nach dem Französischen. Der Form nach stehen Onno [806] Zwier van Harens Gedichte denen seines Bruders nach, ihr Gefühlsinhalt aber, und zumal der lyrischen, ist bedeutender. Seine Leichenrede auf Wilhelm IV. ist ein Muster niederländischer Rhetorik.