[598] Huf (Ungula), bei mehreren Ordnungen der Säugetiere der hornartige Überzug des Endgliedes der Zehen. Beim Pferd wird gewöhnlich das dem letzten Finger-, bez. Zehenglied entsprechende Ende der Extremitäten im ganzen als H. bezeichnet; im engern Sinne bedeutet H. die Hornkapsel, die dies Zehenglied von allen Seiten umgibt. Diese Hornkapsel entspricht in Bau und Wachstum vollkommen dem menschlichen Nagel. Das letzte knöcherne Zehenglied, das Hufbein, bildet mit dem vorhergehenden, dem Kronbein, das Hufgelenk, das von hinten und untenher durch einen kleinen dritten Knochen, das Strahlbein, ergänzt wird. Dieses Gelenk liegt innerhalb der Hornkapsel. Das Hufbein bildet nach hinten beiderseits neben dem Gelenk zwei Fortsätze (Hufbeinäste), deren jeder eine aus Knorpel (Hufknorpel) bestehende Verlängerung erhält. Die äußere Haut überzieht nun die genannten Knochen vollständig, ist, statt mit Haaren, mit dem Hufhorn bedeckt und heißt Huflederhaut, deren einzelne Teile unpassend, aber althergebracht als Fleischteile bezeichnet werden. Der über dem obern Rande der Hornkapsel liegende Hautstreifen bildet einen starken Wulst, die Fleischkrone; der darunter liegende Teil, der Vorderfläche und Seitenflächen des Hufbeins überzieht, heißt Fleischwand. Die dem Erdboden zugewendete Fläche des Hufbeins, an die sich die Husbeinbeugesehne anheftet, wird von der Fleischsohle bekleidet. Das im hintern Teile dieser untern Fläche liegende Hufgelenk ist zunächst von der ebengenannten Sehne bedeckt; unter dieser liegt ein sehr elastisches Gewebe, das Strahlpolster, das zugleich den Raum zwischen den Hufbeinknorpeln ausfüllt. Der das Strahlpolster überziehende Teil der Fleischsohle bildet eine Hervorragung, den Fleischstrahl. Die Fleischwand umkreist den Fleischstrahl nicht wie die übrige Fleischsohle, sondern endet jederseits hinten neben ihm; die Enden biegen sich winklig in die Sohle von hinten nach vorn ein. Der über dem hintern Ende des Fleischstrahles und der Fleischwand außerhalb des Hufes liegende, feinbehaarte Hautteil bildet die Ballen, die von den Hufknorpeln getragen werden. Fleischkrone, Fleischwand und Fleischsohle treiben eigentümliche kleine Auswüchse (Papillen der Huflederhaut), die an der Fleischkrone und -Sohle lange, dünne Zotten, an der Fleischwand dagegen dicht nebeneinander liegende Leisten (Fleischblättchen) sind. Auf diesen sitzt das Hushorn fest und wird zugleich hier erzeugt. An der Hornkapsel unterscheidet man, der Einteilung der Huflederhaut entsprechend, die Hornwand und die Hornsohle mit dem Hornstrahl (Fig. 1). Entsprechend der Fleischwand (s. oben), biegt jederseits neben dem Hornstrahl auch die Hornwand von hinten in die Sohle ein. Diese Einbiegungen heißen Eckstreben, der Winkel, den die Eckstrebe mit der Außenwand bildet, Eckstrebenwinkel. An der Hornwand heißt der vordere und zugleich mittlere Teil Vorderwand (althergebracht auch »Zehenwand«), der anschließende Teil Seitenwand und der hinterste Teil, der in die Eckstrebe übergeht, Trachtenwand.
Die beiden Trachten sind also durch den Strahl getrennt und haben über sich die Ballen. Sie bilden den niedrigsten Teil des Hufes, der sich zur Seiten- und Vorderwand wie 1: 2: 3 verhält. Der obere Rand des Hufes, der Kronenrand, liegt also nicht horizontal, sondern fällt schräg von vorn nach den Trachten ab. Der untere Hufrand heißt Tragerand (weil er das Hufeisen, resp. die Körperlast trägt, Fig. 2). Das sehr feste Horn der Wand besteht aus zwei Schichten, der mächtigsten Röhrchen- oder Schutzschicht und der Blättchenschicht. Erstere bildet die Außenschicht, wächst auf der Fleischkrone und von hier aus über die Fleischwand herab, also vom Kronen-nach dem Tragerand, den sie allein bildet (ebenso wie der Nagel von hintenher nach vorn wächst). Die Blättchen der Fleischwand erzeugen das Blättchenhorn, das sich mit der Röhrchenschicht fest verbindet.
An der Peripherie der Hornsohle kommt die Blättchenschicht der Hornwand zum Vorschein als weiße Linie und stellt die Verbindung zwischen Wand und Sohle her. Das Blättchenhorn hat die wichtige Aufgabe, den eigentlichen Hornschuh, d. h. die Schutzschicht der Hornwand, mit der Fleischwand und dadurch indirekt mit dem Hufbein, auf dem in letzter Linie die Körperlast ruht, zu verbinden. Durch die Hornblättchen ist daher gewissermaßen die Körperlast an der Hornwand aufgehängt; krankhafte Lockerung der Verbindung (bei Rehe, s. Hufkrankheiten) hat daher die verderblichsten Folgen. Die Oberfläche der Hornwand ist noch von der dünnen bastartigen Glasur überzogen, die oberhalb der Fleischkrone am Fleischsaum (der Haargrenze) wächst. Das Sohlenhorn ist weniger fest, das des Strahles fast wachsartig.[598] Durch das Hornwachstum verdicken sich Sohle und Strahl, während der Tragerand der Wand sich immer mehr über die Peripherie der Sohle abwärts schiebt und so die Wand sich verlängert. Bei jedem Hufbeschlag werden daher diese Teile entsprechend beschnitten. Was die Form des Hufes anlangt, so soll er vom Kronenrand nach dem Tragerand sich allseitig erweitern, so daß die Wand überall schräg, am meisten an der Zehe, nach unten außen abfällt. Die Sohle soll gewölbt, nicht flach sein, der Strahl breit und bis auf den Boden reichend. Bei edlen Pferden ist der H. klein und fest im Horn, der Hinterhuf stets etwas kleiner als der Vorderhuf und vorn verschmälert. Bei gröbern Schlägen, namentlich in den Niederungen, entwickeln sich sehr große (meist flachere) Hufe. Die durch die drei Zehenglieder und den H. gezogene Zehenachse soll eine gerade Linie sein, derjenigen der andern Seite parallel laufen und mit dem Erdboden einen Winkel von ca. 50° bilden. Abweichende, aber noch nicht erheblich mangelhafte Hufformen sind der Flach- oder Platthuf (nicht gewölbte Sohle, die leicht auf hartem Wege gequetscht wird), der schiefe H., der einem schiefgetretenen Stiefel vergleichbar ist, der enge H. (zu hohle Sohle und zu schmaler Strahl), der spitze und der stumpfe oder Bockhuf(zu lange, bez. zu kurze Vorderwand, Fig. 3 u. 4). Über krankhafte Hufformen s. Hufkrankheiten. Die normale Form und Beschaffenheit der Hufe ist von größter Wichtigkeit.
Für Hufpflege ist in erster Linie sachkundiger Beschlag (s. Hufbeschlag) wichtig, da durch solchen auch weniger gute Hufe brauchbar erhalten werden, während Beschlagfehler selbst normale Hufe verderben können. Neben dem Beschlag muß dafür gesorgt werden, daß das Hufhorn weder zu trocken (Sprödigkeit) noch zu naß (Weichheit, Strahlfäule) gehalten wird. Die Hufe sind daher auch nach dem Dienst zu reinigen (namentlich die Sohle), öfters zu waschen und danach mit irgend einer Hufsalbe einzufetten; letzteres geschieht zweckmäßig auch vor dem Dienst, wenn das Pferd im Nassen gehen soll. Vgl. Leisering und Hartmann, Der Fuß des Pferdes (10. Aufl. von Lungwitz, Dresd. 1903); Lechner, Der H. und seine Mechanik (Wien 1904).
Herder-1854: Huf · Alterirter Huf
Meyers-1905: Huf [2] · Huf van Buren
Buchempfehlung
Die letzte zu Lebzeiten des Autors, der 1835 starb, erschienene Lyriksammlung.
242 Seiten, 12.80 Euro
Buchempfehlung
Zwischen 1765 und 1785 geht ein Ruck durch die deutsche Literatur. Sehr junge Autoren lehnen sich auf gegen den belehrenden Charakter der - die damalige Geisteskultur beherrschenden - Aufklärung. Mit Fantasie und Gemütskraft stürmen und drängen sie gegen die Moralvorstellungen des Feudalsystems, setzen Gefühl vor Verstand und fordern die Selbstständigkeit des Originalgenies. Michael Holzinger hat sechs eindrucksvolle Erzählungen von wütenden, jungen Männern des 18. Jahrhunderts ausgewählt.
468 Seiten, 19.80 Euro