Gewebe [1]

[776] Gewebe (Tela, Zellgewebe; hierzu Tafel »Gewebe des Menschen«), Anhäufungen gleichartiger Zellen im tierischen und pflanzlichen Körper. Über die G. der Pflanzen s. Zellgewebe. Im Tier unterscheidet man hauptsächlich: Haut-, Binde-, Muskel- und Nervengewebe. 1) Das Haut- oder Epithelgewebe besteht aus dicht nebeneinander liegenden Zellen ohne Zwischensubstanz und bekleidet die freien Oberflächen des Körpers, also die äußere Haut (Tafel, Fig. 7 u. 8),[776] die Haut des Darmes (s. Tafel »Eingeweide III«, Fig. 1 u. 2), der Drüsen etc. (s. Epithelium). 2) Das Bindegewebe ist dadurch gekennzeichnet, daß sich zwischen seinen Zellen eine häufig außerordentlich reichliche Zwischensubstanz (Interzellularsubstanz, s. d.) befindet, die in ihrem Bau viel größere Verschiedenheiten darbietet als die Zellen, von denen sie herstammt. Die hauptsächlichsten Arten sind: a) zelliges Bindegewebe, bei dem die Interzellularsubstanz verhältnismäßig gering ist, die Zellen rundlich und groß sind; es kommt bei Wirbeltieren nur in der Rückensaite, bei den wirbellosen Tieren häufiger vor. b) Gallert- oder Schleimgewebe, mit teils rundlichen, teils in die Länge gezogenen Zellen und gallertiger durchscheinender Zwischensubstanz; es findet sich bei den Wirbeltieren, z. B. im Glaskörper des Auges. c) Gewöhnliches oder faseriges (fibrilläres) Bindegewebe, dessen reichliche Zwischensubstanz in Fasern zerfällt, während die Zellen spindelförmig sind und sich z. T. gleichfalls in Fasern verlängern (sogen. Bindegewebskörperchen). Aus ihm bestehen z. B. die Sehnen der Muskeln, die Häute um die Knochen, die Lederhaut (Tafel, Fig. 7 u. 8); sind seine Zellen mit Fett erfüllt, so entsteht das Fettgewebe. Eine andre Modifikation ist das elastische G. (Tafel, Fig. 6), mit elastischen Fasern. d) Knorpelgewebe, mit meist runden Zellen und einer härtern Zwischensubstanz (s. Knorpel). e) Knochengewebe, dessen Interzellularsubstanz durch Aufnahme von Kalksalzen sehr hart und fest wird (Tafel, Fig. 1–4; s. Knochen und Zähne). 3) Das Muskelgewebe zeichnet sich durch die Kontraktilität, d. h. die Fähigkeit, sich auf Reize zusammenzuziehen, aus; die kontraktile Substanz ist umgewandelter Zellinhalt (Protoplasma, s. d.). Man unterscheidet a) glattes Muskelgewebe, bei dem die kontraktile Substanz gleichmäßig ist (Tafel, Fig. 6) und b) quergestreiftes, bei dem sie in eigentümlicher Weise quer gestreift ist. Ersteres zieht sich auf Reiz langsam, letzteres rasch zusammen (s. Muskeln). 4) Das Nervengewebe endlich empfängt und leitet die Reize, setzt sie in Empfindungen um und erzeugt Willenserregungen. Es gibt dreierlei Elemente dieses Gewebes, nämlich a) Nervenfasern (Tafel, Fig. 5), die zur Fortleitung dienen, sowie b) Nervenzellen und c) Ganglienzellen (s. Ganglien und Nerven). Die Lehre von den Geweben heißt Histologie (s.d.). – Über das G. der Pflanzen, s. Zellgewebe.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 7. Leipzig 1907, S. 776-777.
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