Knochenhautentzündung

[183] Knochenhautentzündung (Beinhautentzündung, Periostitis), Entzündung der die Knochen umhüllenden Knochenhaut, tritt auf 1) als akute K. besonders am Schienbein und Oberschenkel jugendlicher Personen, greift auf den Knochen über (Osteoperiostitis) und endigt in der Regel mit einer teilweisen Zerstörung, d. h. mit dem Absterben von Knochenteilen (Nekrose). Diese K. wird durch die Einwanderung[183] eitererregender Bakterien, der Traubenkokken (Staphylococcus aureus und S. albus), in die Blut- oder Lymphbahnen, von wo aus sie in die Knochenhaut und von dieser in das Knochengewebe gelangen, hervorgerufen. Eine solche Einwanderung wird durch Verletzungen sehr begünstigt, hat aber oft auch statt, ohne daß man die Eingangspforte bestimmen könnte. Der sich bildende Eiter hebt die Knochenhaut vom Knochen ab und damit die Ernährung des Knochens für diese Strecke auf, so daß das Knochenstück abstirbt. Diese Eiteransammlungen unter der Knochenhaut verursachen lebhafte Schmerzen, gleichzeitig tritt infolge von Übergang von Eiter in das Blut Fieber auf, über dem erkrankten Knochen schwellen die Weichteile teigig an, schließlich rötet sich die Haut über der erkrankten Stelle. Wird dem Eiter nicht ein Abfluß geschaffen, so kann Blutvergiftung eintreten. Für gewöhnlich endet die Krankheit in Eiterung und demnächstiger Abstoßung eines Knochenstückes. Zieht sich auch die Krankheit durch letzteres Moment oft sehr in die Länge, so tritt doch in der Mehrzahl der Fälle volle Heilung mit voller Gebrauchsfähigkeit des erkrankt gewesenen Gliedes ein. Die Behandlung kann nur eine operative sein. Man muß einschneiden bis auf den Knochen (womöglich schon so früh, daß man Eiteransammlung und damit das Absterben des Knochens verhütet), den Eiter entleeren, die Wunde drainieren; das Glied muß entsprechend gelagert werden, am besten in eine gepolsterte Schiene. Ist es zum Absterben eines Knochenstückes gekommen, so drainiert man die Wunde sorgfältig bis zur Ablösung des Stückes, des Sequesters, und entfernt ihn, sobald er sich gelöst hat. In manchen Fällen, wenn große Gelenke mit erkrankt oder allzu große Teile der Knochen abgestorben sind, ferner bei drohender Blutvergiftung kann die Amputation ganzer Glieder nicht umgangen werden.

Die chronische K. entsteht entweder infolge konstitutioneller Leiden (Syphilis) und dann meist an mehreren Stellen, oder infolge von äußerer Einwirkung (Verletzung', dauernd starker Druck auf einen Knochen etc.) und dann nur am Orte der Einwirkung. Sie wird an allen Knochen beobachtet. Es entstehen an der erkrankten Stelle ein oder mehrere Knoten, die anfangs hart sind, dann aber weicher werden und, mit Ausnahme der syphilitischen, auch schmerzhaft sind. Sie weichen, falls eine örtliche Einwirkung die Veranlassung war, im Beginn ihres Entstehens leicht einer antiphlogistischen, d. h. gegen die Entzündung gerichteten Behandlung; kommen sie in spätern Stadien erst zur Behandlung, so ist der Knoten wohl weich geworden, man schneidet ein, entleert den Eiter und behandelt wie bei jedem Abszeß. Die syphilitischen Knoten schwinden schnell auf eine antisyphilitische Kur. Dauert eine chronische K. ungestört fort, so entsteht eine Knochenverdickung infolge einer vom Periost ausgehenden Knochenwucherung, Hyperostose; bei der syphilitischen chronischen K. bilden sich vorzugsweise die tropfsteinähnlichen, spitzen Auswüchse, die Osteophyten. S. auch Knochenentzündung.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 11. Leipzig 1907, S. 183-184.
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